Donnerstag, Juni 24, 2004

FTD - Kolumne: Gefährliches Vakuum

Es lebt ein Gespenst in Europa, das heißt Populismus. Ausgerechnet bei der Europawahl ist es wieder auferstanden. In Polen in Gestalt des Europafeindes Andrzej Lepper, in Belgien als rechtsradikaler Vlaams Blok und in Schweden als Juni-Liste. Auch Deutschland blieb nicht verschont, wie ein zweiter Blick auf die Wahlergebnisse vom 13. Juni zeigt. Öffentlich diskutiert wird die Verletzbarkeit des etablierten Parteiensystems, die da zu Tage tritt, allerdings nur ungern. Die Wahrheit ist die: Regierungs- und Oppositionsparteien in Deutschland und anderen EU-Ländern hinterlassen ein Vakuum inmitten der Wählerschaft. Große Gruppen fühlen sich von 'der Politik' nicht mehr vertreten. Die frustrierten Bürger reagieren zunächst mit Wahlenthaltung, doch die dahinter verborgene heimliche Lust, es 'denen da oben' heimzuzahlen, könnte jederzeit auch bei uns eine neue bundesweite Partei hervorbringen. Am deutlichsten bekommen die Sozialdemokraten diesen Unmut zu spüren. Schlicht 'Verachtung' sei ihm bei manchen Veranstaltungen entgegengebracht worden, berichtet der SPD-Politiker Sigmar Gabriel. Wer sich noch abstrampelt, um in den Ortsvereinen zu diskutieren, wird müde belächelt. Das berühmte Vermittlungsproblem der großen Regierungspartei besteht darin, dass die Leute nicht zuhören oder, wenn sie zuhören, nur die schlechten Nachrichten glauben."

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