Mittwoch, Juni 23, 2004

'Reagenzglas der Nazis' | stern.de

Vor 75 Jahren hatten die Nationalsozialisten in Coburg erstmals in Deutschland die Stimmenmehrheit in einem Parlament erreicht. Danach verwandelten sie die Stadt in ein 'Reagenzglas' zur Erprobung der Methoden für ihre 'Machtergreifung'. Vor 75 Jahren wurde Coburg die erste Stadt in Deutschland mit einer 'braunen' Mehrheit im Stadtrat. Bei der vorgezogenen Stadtverordnetenwahl errang die NSDAP 13 von 25 Sitzen. Für Stadthistoriker Hubert Habel zählt der 23. Juni 1929 'zu den wohl schwärzesten Tagen der Stadtgeschichte'. Zwar regierten noch zwei Bürgermeister, die nicht der NSDAP angehörten. Doch die Nazis bestimmten bereits rund dreieinhalb Jahre vor der Machtergreifung Hitlers die Politik in der ehemaligen Herzogsstadt. 'Coburg war das Reagenzglas der Nazis', erzählt Habel. Zur Erinnerung an den Jahrestag stellte er die Ausstellung 'Voraus zur Unzeit' zusammen. Die Schau über die Geschichte Coburgs in den 20er und 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts ist noch bis zum 8. August im Coburger Staatsarchiv zu sehen. 'Die ganze Politik, die Hitler später im Reich umsetzte, hat er zunächst in Coburg erprobt', sagt Habel. Die Nazis bemühten sich um die Kontrolle bei der Polizei, der Finanzverwaltung und anderer wichtiger Positionen. Nach und nach erreichten sie ihre Ziele. Auch der Reichsarbeitsdienst wurde in Coburg getestet.

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