Freitag, Oktober 01, 2004
ND - "Erhebliche Probleme" mit Neonazis
NPD-Wahlerfolg in Sachsen verschafft Rechtsextremisten auch in Thüringen Aufwind
»Wir haben auch im Freistaat ganz erhebliche Probleme«, betonte DGB-Landeschef Frank Spieth gestern in Erfurt. Er warnte davor, zu glauben, bei den Rechtsextremisten handele es sich um ein paar irregeführte Jugendliche oder gar eine Randgruppe. Ihnen sei es gelungen, mit ihrer Ideologie bis in die Mitte der Gesellschaft vorzudringen. Das sei eine neue Qualität, die mit großer Sorge beobachtet werde.
MOBIT-Projektkoordinator Gerd Wiegel verwies darauf, dass Rechtsextremisten in Sachsen seit zehn Jahren eine intensive Aufbauarbeit betrieben haben. Der neugebackene NPD-Landtagsabgeordnete Holger Apfel habe dafür bereits in den 90er Jahren ein Dreistufenkonzept verkündet. Danach sollte der Kampf zunächst um die Straße, dann um die Köpfe und schließlich um die Parlamente geführt werden. Dieses Konzept sei offenbar aufgegangen und widerlege das Argument von der Protestwahl.
Zur Thüringer Landtagswahl 2004 haben Republikaner und NPD den Einzug in den Landtag nicht geschafft. Doch ähnliche Strukturen wie in Sachsen sollten jetzt in Thüringen etabliert werden, berichtete Wiegel. Dafür spreche beispielsweise der Kauf einer größeren Immobilie in Pößneck durch den bekannten Rechtsextremisten Jürgen Rieger. Es sei zu erwarten, dass hier ein Anlaufpunkt für die rechte Szene geschaffen werden soll, der über die Region hinaus ausstrahlt.
Ein dominantes Auftreten der Rechtsextremisten sei auch in Südthüringen zu beobachten, wo öffentliche Plätze, Freizeiteinrichtungen oder Jugendclubs von ihnen okkupiert wurden. Sie seien dabei bestrebt, gezielt rechtsextreme Vorstellungen und Lebenswelten alltäglich und normal erscheinen zu lassen. Wie gefährlich das sei, werde am Beispiel sächsischer Regionen deutlich, in denen sich wie im Vogtland bereits eine rechtsextreme Alltagskultur etabliert habe.
Für die wachsende Aktivität von Neonazis spricht nach Ansicht des Vorsitzenden der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, Wolfgang Nossen, dass im Freistaat in diesem Jahr bereits vier mal jüdische Friedhöfe geschändet worden sind und ein Schaden von rund 100 000 Euro angerichtet wurde. In einem Falle seien 91 Grabsteine umgeworfen und beschädigt worden.
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