Donnerstag, Oktober 21, 2004
NPD: Rechtsextreme Volksfront
Als sich vor einigen Wochen abzeichnete, daß die NPD mit der sächsischen Landtagswahl möglicherweise in den Landtag einziehen würde, äußerten Politiker und Wissenschaftler die Erwartung, auch im Freistaat würden sich die Rechtsextremen wie die DVU in Sachsen-Anhalt durch allerlei Merkwürdigkeiten und Streitereien rasch selbst entzaubern.
Tatsächlich wurde schon zwei Tage nach der Wahl die erste Absonderlichkeit bekannt. Die "Bild"-Zeitung berichtete, daß der NPD-Landesvorsitzende Winfried Petzold Anfang des Jahres auf frischer Tat beim Ladendiebstahl erwischt worden sei.
Petzold soll sich in einem Baumarkt in Grimma eine Schutzleiter-Klemme im Wert von 4,99 Euro in die Jacke gesteckt haben. Im März stellte die Staatsanwaltschaft Leipzig das Verfahren gegen den 61 Jahre alten NPD-Politiker wegen Geringfügigkeit ein. In ihrem Wahlprogramm hatte die rechtsextreme Partei "härtere Bestrafung für alle Bereiche der Kriminalität" gefordert.
Ideologisch gefestigte Führungskader ins sächsische Parlament
Der Fall Petzold erinnert an Vorgänge in der Magdeburger DVU-Fraktion, die mit Berichten über Diebstahl aus der Fraktionskasse, Handel mit Kinderpornos über Computer der Fraktion, illegalen Waffenbesitz und schließlich durch die Spaltung von sich reden machte.
Doch anders als bei den Fraktionsmitgliedern der DVU in Sachsen-Anhalt handelt es sich bei den NPD-Fraktionären nur zum geringen Teil um fremdgesteuerte Figuren, die nicht in der Lage sind, einen geraden Satz zu formulieren. Die NPD will den Erfolg in Sachsen mit aller Macht nutzen, sich organisatorisch weiter zu festigen, und schickt ideologisch gefestigte Führungskader in das sächsische Parlament.
Apfel Fraktionsvorsitzender
Fünf der zwölf NPD-Landtagsabgeordneten gehören dem Bundesvorstand an: Holger Apfel, Alexander Delle, Jürgen Gansel, Jürgen Schön und Uwe Leichsenring. Holger Apfel, der in der kommenden Woche von seinen elf sächsischen Fraktionskollegen zum Fraktionsvorsitzenden gewählt werden soll, wurde 1970 in Hildesheim geboren und gilt als einer der aggressivsten Ideologen der Partei.
Er ist stellvertretender Landes- und Bundesvorsitzender und wird als Kronprinz des Bundesvorsitzenden Udo Voigt gehandelt. Eng sind die Verbindungen Apfels zur Deutschen Stimme Verlagsgesellschaft in Riesa, einem der größten rechtsextremen Versandunternehmen in Deutschland, wo Apfel seit 1996 leitender Angestellter ist.
„Von der Maas bis an die Memel”
Apfel ist aber nicht nur Geschäftsführer des Verlags, sondern seit 2001 auch Chefredakteur der NPD-Monatszeitschrift "Deutsche Stimme". Nach Informationen des sächsischen Verfassungsschutzes forderte Apfel noch im Juni 2002 ein Deutschland "von der Maas bis an die Memel, von der Etsch bis an den Belt". Im Zuge des dann gescheiterten NPD-Verbotsverfahrens brüstete sich Apfel damit, daß die NPD verfassungsfeindlich sei.
Im Juni gelangte Apfel als Kandidat des rechtsextremistischen Nationalen Bündnisses Dresden in den Stadtrat der sächsischen Landeshauptstadt und forderte dort die Abschaffung des Dresdner Ausländerbeirats und die Streichung der Zuschüsse für die jüdische Gemeinde.
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