Freitag, Oktober 14, 2005

Jungle World - 41/2005: Revanche ist süß

Die Preußische Treuhand verlangt von Polen Entschädigungszahlungen für die deutschen »Vertriebenen«. Ihr Leiter Pawelka ist Mitglied der CDU und Ratsherr in Leverkusen Es hätte der Tag werden sollen, den Rudi Pawelka so lange herbeigesehnt hat. Am Donnerstag dieser Woche wollte der Mann aus Leverkusen im Haus der Bundespressekonferenz seinen großen Auftritt vor den Journalisten haben. Er ist besessen davon, ihnen und der Welt seine Mission mitzuteilen: Polen müsse die so genannten Vertriebenen »entschädigen« oder ihnen ihr früheres Eigentum zurückgeben. »Wir haben die Bundestagswahl abgewartet, weil wir vorher untergegangen wären«, begründet Pawelka den für die Pressekonferenz ausgewählten Zeitpunkt. Dieser hänge nicht mit den polnischen Wahlen zusammen, deren Termine er ohnehin nicht kenne, erläutert er der Jungle World. Am Montag aber sagte die Preußische Treuhand den Termin ohne Angabe von Gründen ab. Die Pressekonferenz wäre eine »Steilvorlage für Lech Kaczynski« gewesen, meint Dieter Bingen, der Direktor des Deutschen Polen-Instituts in Darmstadt. Der Rechtspopulist Kaczynski, derzeit Oberbürgermeister von Warschau und Präsidentschaftskandidat, stilisiert sich gerne zum Verteidiger der nationalen Interessen Polens. Im vorigen Jahr präsentierte er als Antwort auf die von Pawelka angekündigten Schadenersatzklagen eine Gegenrechnung: Er forderte von der Bundesregierung Reparationen in Höhe von 40 Milliarden Dollar für das im Zweiten Weltkrieg von Deutschen völlig zerstörte Warschau. Was Pawelka treibe, bezeichnet Bingen als »Unverschämtheit und Dummheit«. Fast ein Jahr war es sehr still um die Preußische Treuhand, mit der Pawelka Häuser, Grundstücke oder Geld von Polen eintreiben will. Die ersten Klagen hatte er bereits für den Herbst 2004 angekündigt. Doch die Zeit verstrich. Ende vergangenen Jahres verhandelte die Treuhand dann mit dem Anwalt Michael Witti, der einst erfolgreich die NS-Zwangsarbeiter vertrat. »Wir waren schon fertig«, erzählt Pawelka. Witti habe bereits einen Termin für die Bundespressekonferenz im Januar 2005 angefragt gehabt. Doch dann sprang der Berliner Anwalt ab.

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