Freitag, September 24, 2004

junge welt vom 23.09.2004 - Geschuftet bis in den Tod

Kolloquium des Frankfurter Fritz-Bauer-Instituts mit ehemaligen Zwangsarbeiterinnen in Flicks Munitionsfabriken anläßlich der in Berlin eröffneten Kunstausstellung der »Flick Collection« Die vier älteren Damen auf dem Podium sprechen ruhig und bedächtig. Sie sind zwischen 76 und 83 Jahre alt und waren von 1944 bis Kriegende als Zwangsarbeiterinnen in der Munitionsfabrik »Dynamit Nobel« des Friedrich Flick in Allendorf tätig. Frau Eva Fahidi, Frau Elisabeth Szenes, Frau Lilli Viragh und Frau Aniko Friedberg stammen aus Ungarn; sie wurden 1943 mit ihren Familien nach Auschwitz verschleppt. »Weil wir jung und kräftig waren, wurden wir von Auschwitz nach Allendorf in Deutschland deportiert und schufteten dort in der Munitionsfabrik, in der Granaten hergestellt wurden«, erzählt Eva Fahidi. Das Frankfurter Fritz-Bauer-Institut hatte anläßlich der am Dienstag in der Hauptstadt eröffneten Kunstausstellung »Friedrich Christian Flick Collection« die vier ehemaligen Zwangsarbeiterinnen zu einem Kolloquium in die Freie Universität Berlin eingeladen. »Wir wollten noch einmal einen Kontrapunkt zu der Flick-Ausstellung setzen«, so der Leiter des Fritz-Bauer-Institut, Professor Michael Brumlik, zu Beginn der Veranstaltung. In ihrem Verlauf berichtet Frau Szenes: »Jeden Tag mußten wir zwölf Stunden arbeiten und pro Tag etwa 800 Granaten mit jeweils knapp 50 Kilo Gewicht in Kisten verpacken. Es war eine harte Arbeit, und wir waren alle krank, weil wir nicht genug zu essen bekamen.« Die Wohnbaracken waren gut drei Kilometer von der Fabrik entfernt, jeden Tag mußten die Frauen also sechs Kilometer laufen. »Wir waren immer erschöpft, wir hatten ja nur Holzkloben an den Füßen.«

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