Donnerstag, Dezember 16, 2004
Die Zeit - Politik : Glatze mit Scheitel
Die NPD ist im Aufwind. Sie sitzt wieder in einem Landtag, sie gewinnt Mitglieder, sie baut an einer rechten Volksfront. Hinter den Erfolgen steht Udo Voigt. Wer ist der Mann?
Udo Voigt glaubt, er müsse das deutsche Volk retten. Er glaubt das wirklich. Er ist überzeugt, die Deutschen stünden kurz vor dem Untergang. Überall sieht er Zeichen von Dekadenz und Verderbtheit. Er meint, Deutschland sei von den USA unterjocht. Und er hat ein einfaches Rezept gegen alle Probleme: Die Volksgemeinschaft müsse im Mittelpunkt der Politik stehen. Dann gäbe es keine Ausländer mehr, keine Arbeitslosigkeit, keine Armut. (...) Udo Voigt war 16 Jahre alt, als er der NPD beitrat. Damals, 1968, setzte sich die Jugend gerade mit den Verbrechen der Elterngeneration auseinander. Voigt aber hing an den Lippen seines Vaters: Der war Hitlerjunge, SA-Mitglied, Stabsgefreiter der Wehrmacht, kam 1949 aus russischer Gefangenschaft zurück. Noch mit 52 Jahren sagt Udo Voigt »Papa«, wenn er von seinem Vater spricht. Der sei sehr sportlich gewesen und ein richtiger Kumpel. Als in der Schule ein Lehrer sagte, die Deutschen hätten den Krieg gegen England begonnen, widersprach Voigt junior. Sie stritten lange. Irgendwann musste der Lehrer einräumen, dass es tatsächlich Chamberlain war, der offiziell den Krieg erklärt hatte. Voigt: »Das war mein erster Triumph.« Dass die Deutschen mit dem Überfall auf Polen den Krieg begannen, leugnet Voigt noch heute. Dieser nämlich sei nur »eine Schutzmaßnahme« gewesen. Sein Vater habe es so erzählt. Sein Großvater auch. Voigt glaubt nicht den Historikern, sondern denen, die dabei waren. »Die wissen es besser«, sagt der Diplompolitologe allen Ernstes. Als sein Vater im Jahr 2000 starb, schrieb Voigt in die Traueranzeige: »Denn was immer auf Erden besteht / besteht durch Ehre und Treue. / Wer heute die alte Pflicht verrät / verrät auch morgen die neue.«
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