Donnerstag, Juni 23, 2005

Die Zeit - Politik : Die Wut der Unterschicht

Der Fall Ronny B. oder: Warum verwahrloste Jugendliche in Ostdeutschland unvorstellbare Grausamkeiten verüben Die Nacht ist auf einem vielversprechenden Weg. In der Diskothek B5 in der Innenstadt von Frankfurt (Oder) wummern die Bässe im Techno-Rhythmus. Es ist Donnerstag, »99er-Party«: Wodka und Schnaps werden für 99 Cent verkauft, Doppelte. (...) In der Wohnung von Daniel K., 21, einem unehrenhaft entlassenen Zeitsoldaten mit reichlich rechtsextremer Erfahrung, wird weitergetrunken. Kurz vor zehn Uhr morgens brechen Ronny B., Daniel K., der vorbestrafte Neonazi und Gewalttäter David K., 23, und zwei Freundinnen der Männer – Ramona P., 24, und Stephanie L., 19 – zu einem kurzen Spaziergang auf. Gleich um die Ecke wohnt ein »Kumpel«, mit dem Ronny B. »etwas zu klären« hat. »Körperverletzung gehört zu seinem Umgangsstil«, hat ein Psychologe der Justizvollzugsanstalt Frankfurt (Oder) bei B.s letztem Gefängnisaufenthalt (1997 bis 2002) nüchtern notiert. Für den Kumpel bedeutet das also mindestens: ein paar aufs Maul. Keine große Sache, milieuübliches Verhalten sozusagen. Vor dem Haus, in dem B. seinen Bekannten anzutreffen hofft, stößt die alkoholisierte Gruppe auf den arbeitslosen Baumaschinisten Gunnar S., 34, der gerade zum Einkaufen geht. Aufgeputscht, zugedröhnt, doch, wie das Gericht später feststellte nicht unzurechnungsfähig, beginnen Ronny B., David K., Daniel K., Ramona P. und Stephanie L. in den nächsten Minuten ein Verbrechen, für das sie in der vergangenen Woche zu hohen Strafen verurteilt wurden – und dessen Brutalität und Perversion selbst das einigermaßen abgebrühte Landgericht Frankfurt (Oder) erschütterten.

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