Donnerstag, Dezember 02, 2004

Print | Bunt statt braun | vorwaerts.de

Im hessischen Ehringshausen hat die SPD die einst starke NPD an den Rand gedrängt. Mit viel Mut und einem breiten Bündnis gegen rechts. Als er die November-Ausgabe des vorwärts durchgeblättert hat, wollte er seinen Augen nicht trauen, erzählt Frank Schneider. Jahrelang haben der Ehringshausener SPD-Vorsitzende und andere Genossen vor Ort gegen den braunen Sumpf in der knapp 10 000-Einwohner-Gemeinde gekämpft. Und jetzt, wo die NPD nur noch zwei Sitze im Gemeinderat hat und der Schandfleck „Patriotentreff“ – ein NS-Devotionalienladen mitten im Ortszentrum – endlich verschwunden ist, sieht er ein Bild davon im vorwärts: Mitten in einem Artikel über das Erstarken der NPD bei den Landtagswahlen im September. Zu sehen ist das im Sommer 2003 abgerissene Haus, davor die Besitzer Alfred und Doris Zutt. Beide stadtbekannte NPDler. Statt sich weiter zu ärgern, rief Schneider bei der vorwärts-Redaktion an und schlug vor: „Berichtet doch mal über unser Engagement gegen rechts.“ Vor acht Jahren zog die NPD – bis dahin mit vier Mandatsträgern vertreten – mit 22 Prozent und zehn Vertretern als zweitstärkste Fraktion in den Gemeinderat ein. Seitdem hatte Ehringshausen den Ruf, das braunste Dorf Deutschlands zu sein. Ein Ruf, der längst nicht mehr den Tatsachen entspricht, sich aber schwer abschütteln lässt. Nach der Kommunalwahl 1997 seien Kamerateams und Zeitungsreporter in Scharen in das hessische Dorf gekommen, um über die NPD-Hochburg zu berichten, erinnert sich Schneider. „Nur wie wir die Rechtsextremen wieder kleingekriegt haben, hat keinen Journalisten mehr interessiert“, sagt Oliver Wild, der für die SPD im Gemeinderat sitzt. Dort gibt es heute nur noch zwei statt der zehn NPD-Vertreter. Vor allem, weil SPD-Vorstand und -Fraktion unermüdlich vor der braunen Gefahr gewarnt und deren populistische Anträge im Gemeinderat und in ihrer an alle Haushalte verteilten Fraktionszeitung entlarvt haben. „Wir versuchen, mit Argumenten und Fakten die Leute aufzuklären“, sagt der heutige Fraktionsvorsitzende Werner Burggraf. Schon vor 1997 war den Ehringshausener Genossen die Neonazi-Szene ein Dorn im Auge. Nach der Wahl, die der NPD wohl auch deshalb einen so hohen Sieg bescherte, weil ein paar Wochen zuvor ein bekannter Sportler in einer Schlägerei mit einem Türken starb, war klar: Allein bewirken kann die SPD nur wenig.

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