Dienstag, November 09, 2004

taz 8.11.04 In Freiheit mit Veronika

Wieder einmal hat mit Egon Bahr ein renommierter Politiker der "Jungen Freiheit" ein Interview gegeben. Das passt in die Strategie des Blatts, als ganz normal zu gelten. SPD-Fraktionsvize Müller kritisiert, dass Bahr die "JF" ins Willy-Brandt-Haus bat Veronika Ferres hat es getan, Michel Friedman ebenfalls, und jetzt auch Egon Bahr. Der Mann, der in den 70ern Willy Brandts Bundesminister für besondere Aufgaben war, hat der rechten Wochenzeitung Junge Freiheit ein Interview gegeben. Bahr spricht in dem vom Verfassungsschutz beobachteten Blatt über Deutschland als Nation nach der Vereinigung, das Verhältnis zur EU und zu den USA. Sein Fazit: Die Deutschen seien "gezwungen zu lernen, wieder eine normale Nation zu sein". Zwar widerspricht Bahr dem JF-Chefredakteur Dieter Stein unter anderem bei dessen These von den "nationsvergessenen Deutschen". Rechtsextremismusexperten halten das Interview aber dennoch für bedenklich. "Der Interviewte begibt sich zu deren Regeln auf deren Terrain", sagt Henning Flad von der Europa-Universität Frankfurt (Oder). "Der cordon sanitaire um die Junge Freiheit wird dadurch immer weiter aufgeweicht." Bahr hatte Stein im Willy-Brandt-Haus empfangen, der Zentrale der deutschen Sozialdemokratie. Die JF dokumentierte das Ereignis sogleich mit einem Foto. Die Wochenzeitung gilt dem nordrhein-westfälischen Innenminister Fritz Behrens (SPD) "als eines der wichtigsten Organe der Neuen Rechten" und wird sowohl vom Verfassungsschutz seines Landes als auch von dem in Baden-Württemberg beobachtet. Als "Neue Rechte" bezeichnet der NRW-Verfassungsschützer Thomas Pfeiffer ein rechtes intellektuelles Netzwerk, das "den Pluralismus einer offenen Gesellschaft zurückdrängen, ethnisch verstandene Kollektive wie Volk und Nation ins Zentrum der Politik rücken möchte und sich um Einfluss auf die öffentliche Meinung bemüht"

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