Donnerstag, Januar 20, 2005

taz 20.1.05 Der Schläger schwört auf Mussolini

Angstzonen, in denen MigrantInnen und Linksalternative Gewalt von Rechtsextremen befürchten müssen, gibt es viele. Eine ist der S-Bahnhof Schöneweide. Nun wehren sich einzelne Anwohner - mit Klagen vor Gericht oder an einem runden Tisch Weder war es dunkel oder menschenleer, noch gab es sonst irgendwelche Angst einflößenden Ecken. Die 17-jährige Margrit* und ihr Kreuzberger Freund Alex* saßen am Nachmittag des 14. Februar 2004 an der Bushaltestelle am S-Bahnhof Schöneweide und warteten auf den 265er. Und dann standen plötzlich die beiden Ricos vor ihnen. "Heil Hitler", begrüßte Rico B. die Punker und fragte mit süffisantem Unterton, ob sie überhaupt Deutsche seien. Er sei ja keiner, sondern Italiener, und überhaupt "scheiße" er auf Hitler. Vielmehr schwöre er auf Mussolini. Zunächst hielt er Alex seine tätowierte und mit Goldringen versehene Faust nur ins Gesicht. Dann drohte er, wenn er wolle, könne er sie jederzeit erschießen. Dazu habe er aber momentan keine Lust. Und überhaupt, wie sie bloß aussähen, mit den bunten Haaren und der Nietenjacke. Als der Bus kam, schlug Rico B. dann doch noch zu. Mit der beringten Faust mitten in Alex Gesicht. Zwei Tritte trafen Alex noch ins Gesäß, bevor er in den Bus stolpern konnte. Es ist nicht das erste Mal, dass am S-Bahnhof Schöneweide vor allem linke Jugendliche von Neonazis angepöbelt werden. "Wir hatten Zeiten, da haben die Faschos jede Woche zugeschlagen", erzählt Margrit. Schon zu DDR-Zeiten gab es in Johannisthal, heute Bezirk Treptow-Köpenick, rechtsextreme Strukturen. 1994 tauchte die Treptower Kameradschaft auf, der es gelang, eine bis heute aktive rechtsextreme Jugendkultur aufzubauen. Seitdem ist der S-Bahnhof Schöneweide ein beliebter Treffpunkt der rechten Szene. In dieser Ecke Berlins wohnen viele Anhänger der Kameradschaft BASO sowie zahlreiche Kader der NPD, und hier treffen sich auch die unorganisierten Neonazis der Stadt, um zu überregionalen Aufmärschen aufzubrechen.

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