Donnerstag, Januar 13, 2005

Jungle World 2/2005: Trauern in Reih und Glied

Am kommenden Samstag wollen freie Kameradschaften und die NPD in Magdeburg aufmarschieren. Anlass ist der 60. Jahrestag der Bombardierung der Stadt Es wird ein Jahr der Trauer und des Gedenkens für die Neonaziszene. Der Aufmarsch stellt den Auftakt einer Reihe von Demonstrationen dar, die freie Kameradschaften und die NPD für das Jahr 2005 planen. In diesem Jahr stehen viele Jahrestage an, die mit dem Zweiten Weltkrieg und der Niederschlagung des Nationalsozialismus zu tun haben. Am 13. Februar wird in Dresden getrauert, und am 8. Mai ist unter dem Motto »Gegen 60 Jahre Befreiungslüge – Schluss mit dem Schuldkult« ein Aufmarsch am Brandenburger Tor in Berlin geplant. Mit der Rede vom »Bombenholocaust« versuchen die Neonazis, die Diskussion um die deutschen Bombenopfer zu beeinflussen. Die Verbrechen des Nationalsozialismus sollen relativiert werden, indem sie mit alliierten Bombardierungen gleichgesetzt werden. Im Aufruf der so genannten Magdeburger Kameradschaft Festungsstadt heißt es: »Beteiligt euch zahlreich an unserem Gedenkmarsch und lasst uns gemeinsam ein Zeichen setzen gegen Mord und Terror der Kriegstreiber des internationalen Großkapitals. Wir dürfen nie in Vergessenheit geraten lassen, was dem deutschen Volk an Leid und Elend zugefügt wurde.« Die Erinnerung »an die Tausenden unschuldigen Opfer der alliierten Kriegsverbrecher« müsse wach gehalten werden. Gerade in diesem Jahr versuchen Neonazis, im Rahmen von Gedenkveranstaltungen und Trauermärschen öffentlich wahrnehmbar zu sein. Die bundesweite Mobilisierung der Neonazis läuft seit gut einem halben Jahr. Sowohl die »Aktionsbüros« als auch der »Freundeskreis Halbe«, der Jahr für Jahr rund 1 000 Kameraden ins Brandenburgische ruft, unterstützen den Aufruf der Magdeburger Kameradschaft. (...) Der Teil der Kameradschaftsszene, der diesen Aufmarsch organisiert, kommt nicht aus dem Umfeld des Hamburger Neonazis Christian Worch, der seit Jahren im Clinch mit der NPD liegt. Worch hat in den vergangenen Jahren an beinahe jedem Wochenende irgendwo eine Demonstration angemeldet, zu denen jedoch im Schnitt nur 60 bis 80 Personen erschienen. Er wurde weder als Redner noch zur Vorbereitung des »Trauermarsches« am kommenden Samstag eingeladen. Vielmehr wurde die Veranstaltung vom der NPD nahe stehenden Kameradschaftsspektrum initiiert. Mit Thorsten Heise und Ralph Tegethoff stehen zwei frischgebackene NPD-Mitglieder auf der Rednerliste, die seit Jahren führende Kader in der Kameradschaftsszene sind. Heise wurde auf dem Parteitag im thüringischen Leinsfelden im Oktober 2004 in den Vorstand der Partei gewählt.

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