Dienstag, Januar 25, 2005
taz 22.1.05 Pop-Nazis machen Mode
Die rechte Szene ist im Wandel: Dies geht so weit, dass sich beim Outfit immer mehr Rechtsextreme mit traditionell als links geltenden Accessoires wie Palästinenser-Tüchern oder Che-Guevara-Shirts schmücken. Modemarken wie Mediatex mit Thor-Steinar-Logos machen in Berlin dabei Geschäfte
Die Polizeibeamten waren ziemlich überrascht, als die etwa 30 schwarz gekleideten Jugendlichen mit roten Fahnen an der Spitze der gut geschützten Neonazi-Demonstration auftauchten. Um Konfrontationen zwischen den Rechten und den vermeintlich linken Gegendemonstranten zu verhindern, versuchte die Polizei, die Gruppierungen zu trennen. Das hätten sie nicht zu tun brauchen, bei der kleinen Gruppe handelte es sich ebenfalls um Neonazis - wie sich später herausstellte.
Während die Szene vor gut einem Jahr - während eines rechten Aufmarsches in Berlin-Treptow - noch zu Irritationen führte, überraschen solche Situationen die Polizei nicht mehr. In Berlin sowie bundesweit schmücken sich immer mehr Rechtsextreme mit als links geltenden Accessoires wie Palästinenser-Tüchern oder Che-Guevara-Shirts.
Dabei machen sich die Nazis besonders antiamerikanische und antisemitische Strömungen innerhalb der Linken zunutze. Deren Symbole werden dabei aus ihrem ursprünglichen Kontext gerissen, vereinnahmt und im Sinne der rechten Ideologie umgedeutet - als Provokation und gleichzeitig als Teil einer rechten Querfront-Strategie.
Diese Übernahme der linken Symbolik ist aber in der Nazi-Szene umstritten. Zugleich hat sich bei jungen Neonazis ein neuer Modetrend durchgesetzt. "Der Trend geht hin zum modischen Outfit und Style, was aber nicht darüber hinwegtäuschen darf, dass sich da ideologisch nicht viel geändert hat", meint Falco Schuhmann vom "Antifaschistischen Pressearchiv und Bildungszentrum Berlin" (apabiz). Das Image vom typischen rechten Skinhead stimme schon lange nicht mehr mit der Realität überein. Sind Nazis Pop?
Seine Wurzeln findet dieser Trend in Berlin. Eines der Unternehmen für rechte Modetrends ist die Firma Mediatex von Axel Kopelke und Uwe Meusel in Königs Wusterhausen. Zwar wurde kürzlich das Logo der Mediatex-Marke "Thor Steinar" aufgrund der zweideutigen Runen-Symbolik verboten. Doch die Mediatex GmbH hat eine neue Kollektion mit verändertem Logo auf den Markt gebracht (die taz berichtete). Mit Erfolg.
Ebenfalls in Berlin ansässig ist die rechte Modemarke "Rizist". Daneben existieren viele Läden, die diese Produkte verkaufen: Ha-Ra-Kiri, On the Streets, Nordic Thunder, Kategorie C und Doorbreaker. Die Umsätze in den Geschäften folgen diesem Trend. Nach Informationen von Insidern wurden 2003 in zwei Dezember-Wochen für knapp 45.000 Euro Thor-Steinar-Klamotten verkauft. Anfang 2005 wurden Material-Importe im Wert von 92.000 Euro getätigt.
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