Montag, Juli 26, 2004

mz-web.de: In Ostdeutschland sucht die Rechte neue Wege

Szene versucht, «sich in Kleingärten und allein stehenden Häusern einzunisten» Die rechtsextreme Szene in Ostdeutschland hat eine Art Mimikry durchgemacht. Um unauffällig zu sein, wandelte sie ihr martialisches Erscheinungsbild ebenso wie ihre Organisationsformen, war im Juli der Tenor eines Seminars über Rechtsextremismus in Berlin. Die Sympathisanten der Neonazis treten heute nicht mehr in Springerstiefeln und Bomberjacken und auch nicht mehr vorwiegend in den Städten auf. Seit Ende der 90er Jahre ziehen sie sich zunehmend in kleinstädtische und ländliche Gebiete zurück. Die Zahl rechtsextremer Straftaten in Ostdeutschland bleibt jedoch im Vergleich zum Vorjahr auf einem hohen Niveau. Die rechte Szene versucht, «sich zur Zeit massiv in Kleingärten und allein stehenden Häusern einzunisten», berichtete der Wolgaster Bürgermeister Jürgen Kanehl. Angehörige der NPD tarnten sich etwa in den Städten Wolgast und Anklam als Bürgerinitiative «Schöner Wohnen» und versuchten so, Stimmung gegen Asylantenheime und Ausländer zu machen. Auch das Aussehen wurde grundlegend der Umgebung angepasst. Statt Rambos mit Glatzen entsprächen die Rechten vom Erscheinen her immer mehr dem braven Schwiegersohn, so beschreibt Kanehl die Szene. Probleme bereitet auch die Erfassung rechter Kameradschaften, die vor allem nach den Vereinsverboten in den 90er Jahren entstanden. Sie verstehen sich als Alternative zu den Parteien und besitzen ein hohes Gewaltpotenzial. «Kameradschaften sind keine Vereine, haben keine Satzung und keine Rechtsform», erklärt Michael Kohlstruck vom Berliner Antisemitismuszentrum das Problem. Sie seien nur lose organisiert und die Treffpunkte deshalb schwer zu ermitteln.

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