Donnerstag, Juli 15, 2004

Tagesspiegel Online : Neonazis missbrauchen Popsongs und Schlager

Mit Liedern von „Wir sind Helden“ und Udo Jürgens gegen Holocaust-Mahnmal und Juden Zuerst waren es nur drei blaue Transparente mit den üblichen Parolen, mit denen rund 25 Neonazis am Montag bei ihrer Kundgebung am Alexanderplatz gegen das Holocaust-Mahnmal protestierten. Später aber kam noch ein viertes hinzu, dessen Inhalt wohl manchen – vor allem jugendlichen – Passanten erstaunte: „Hol den Vorschlaghammer. Sie haben ’uns’ ein Denkmal gebaut“, stand auf dem orangenfarbenen Transparent. Er gehört zu dem Song „Denkmal“ der jungen Berliner Popband „Wir sind Helden“. Und die hat mit rechtem Gedankengut nun gar nichts zu tun. Die Pressebetreuerin reagierte am Mittwoch schockiert: Sie habe erst durch den Tagesspiegel davon erfahren und wolle jetzt Kontakt zur Band aufnehmen. Das Lied, das zurzeit auf allen Radiostationen gespielt wird, kommt den Neonazis gerade recht: „Sie haben uns ein Denkmal gebaut. Und jeder Vollidiot weiß, dass das die Liebe versaut...“, heißt es unter anderem in dem Song. Die Neonazis scheinen nach dem Motto vorzugehen: Hauptsache, die Melodie ist eingängig und der Text passt. Und wenn nicht, dann wird er passend gemacht. So, wie Udo Jürgens’ „Mit 66 Jahren, da fängt das Leben an“. Der 69-jährige Schlagersänger hat am Mittwoch über seinen Anwalt juristische Schritte eingeleitet und Strafanzeige wegen Urheberrechtsverletzung gestellt, weil sein Lied von Rechtsextremen missbraucht werde. Dies bestätigte der Sprecher von Udo Jürgens, Thomas Weber. Der Hinweis sei über die E-Mail eines Fans gekommen. Eine „entstellte Version“ des Songs werde offenbar unter der Hand auf Tonträgern verbreitet und auf rechtsradikalen Konzerten aufgeführt, sagte Weber. Wo die Konzerte stattfanden, sei ihm nicht bekannt. Die Strafanzeige wurde in Berlin gestellt, da der Anwalt den Verlag „Melodie der Welt“ vertritt: Dieser wiederum habe die Urheberrechte für Jürgens’ Lieder. Den konkreten Inhalt des umgetexteten Liedes wollte Weber nicht wiedergeben; der Text verharmlose den Holocaust und verhöhne „das unsägliche Leid des jüdischen Volkes während der Nazidiktatur“. siehe dazu auch: Strafantrag gegen Neonazi-"Liedermacher"

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