Montag, Juli 19, 2004
junge welt vom 17.07.2004 - Verdachtsmoment: Lange Bärte
Afghanistan: Ex-US-Soldat machte gemeinsam mit ISAF-Truppen Jagd auf vermutete Talibankämpfer
Der »private Ordnungshüter«, wie offizielle US-Stellen und amerikanische Medien den ehemaligen US-Special-Forces-Soldaten Jonathan Idema bezeichnen, hat wiederholt Einheiten der NATO-geführten ISAF-Truppe in der afghanischen Hauptstadt Kabul dazu benutzt, Razzien durchzuführen und Gefangene zu machen. Diese wurden später mit gefesselten Füßen kopfüber von der Decke hängend in seinem angeblich »privaten« Foltergefängnis gefunden. Das wurde am Donnerstag von verschiedenen internationalen Medien berichtet. Verbal entrüstet hatten sich US-Botschaft und US-Militär in Afghanistan von Idema distanziert. Er sei ein Glücksritter und privater Kopfgeldjäger, der hinter den 25 Millionen Dollar her gewesen sei, welche die US-Regierung auf Osama bin Laden und Taliban-Führer Mullah Omar ausgesetzt hat. Da die sich jedoch nach wie vor der Freiheit erfreuen, muß Idemas Suche ein brotloser und zugleich kostenintensiver Job gewesen sein, den sich ein »Privatmann« kaum leisten kann. Neben Idema waren noch zwei weitere Amerikaner, ein Europäer und vier afghanische Dolmetscher, die bei den »Verhören« geholfen hatten, festgenommen worden, nachdem in der vergangenen Woche Idemas Anwesens nach einem kurzen Feuergefecht von afghanischer Polizei gestürmt worden war.
Um auf die Spur von Bin Laden und Mullah Omar zu kommen, hat Idema die Taliban in der Bevölkerung »identifiziert«. Er und seine Helfer griffen sich in den Straßen Kabuls Männer mit langen Bärten und verschleppten sie in ihr Geheimgefängnis. Dort wurden die Männer so lange geschlagen und mißhandelt, bis sie »gestanden«, Talibankämpfer zu sein. Wenn es für den »Ordnungshüter« und seine Leute zu gefährlich war, die »Verdächtigen« allein zu verschleppen, dann bedienten sie sich der ISAF und setzten deren Feuerkraft ein, um Häuser zu stürmen, in denen sich Männer mit langen Bärten befanden.
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