Montag, November 08, 2004
BerlinOnline: Staatsanwalt gegen "Thor Steinar"-Bekleidung
Firma aus Zeesen benutzt angeblich NS-Symbole - Justiz zerstritten über weiteres Vorgehen
Das ist bisher ohne Beispiel in Deutschland: Es gibt eine offiziell zugelassene Bekleidungsfirma, die Jacken, Pullover und anderes vertreibt. Und es gibt eine Staatsanwaltschaft, die das Tragen dieser Kleidungsstücke unter Strafe stellt. Die Staatsanwaltschaft Neuruppin begründet dies mit altgermanische Runen, die als Markenzeichen auf den Jacken und Pullovern der Marke "Thor Steinar" prangen: "Das Logo der Bekleidungsmarke ,Thor Steinar' ist als ein Kennzeichen zu behandeln, das dem einer ehemaligen nationalsozialistischen Organisation zum Verwechseln ähnlich ist", so die Staatsanwaltschaft. Die Behörde hat das altgermanische Runenalphabet äußerst akribisch studiert: Demnach ist jene pfeilähnliche Tyr-Rune einst Abzeichen der SA-Reichsführerschulen gewesen und die Gibor-Rune, einer Wolfsangel gleich, ist von der Waffen-SS benutzt worden. Und deshalb steht laut Staatsanwaltschaft Neuruppin das Tragen dieser Kleidungsstücke mit Logo unter Strafe. Ein 23-jähriger Mann hat vom Amtsgericht Prenzlau in diesem Jahr einen inzwischen rechtskräftigen Strafbefehl erhalten. Er muss 30 Tagessätze a 10 Euro zahlen, weil er einen Pullover mit dem Runen-Logo getragen hat. Zwei weitere Verfahren stehen an.
Nun ist es in Sicherheitskreisen längst bekannt, dass die Marke "Thor-Steinar" der Firma Mediatex aus Zeesen in der rechtsradikalen Szene bevorzugt getragen wird. Auf Sweatshirts der Marke steht mitunter das martialische "Division Thor Steinar", laut Staatsanwaltschaft eine Anspielung auf die von einem General Steiner geführte SS-Division. Beim jüngsten Neonazi-Aufmarsch in Potsdam machte es die Polizei zur Auflage, dass die Rechtsradikalen keine Thor-Steinar-Kleidung tragen dürfen. Und Mediatex vertrieb Pullover, auf denen der Drohspruch "Hausbesuche" abgedruckt war. Matthias Adrian vom Zentrum demokratische Kultur in Berlin sagt: "Die rechtsradikale Szene geht weg vom Glatzen-Outfit hin zum Livestyle-Look von ,Thor Steinar'". Damit bestimme man in manchen Regionen die Jugendkultur.
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