Mittwoch, Februar 09, 2005

junge welt vom 08.02.2005 - "Ein heißes Thema"

Todesrichter und andere Naziverbrecher auch im 50. Jahr der Bundeswehr noch immer Subjekte der Traditionspflege In einem Schreiben an Generalmajor Norbert Finster, Kommandeur der 1. Luftlandedivision und Standortältester in Fürstenfeldbruck, hat der im niederbayerischen Kaufbeuren wohnende Gymnasiallehrer Jakob Knab gefordert, die Ritter-von-Mann-Straße auf dem Gelände des Fliegerhorstes umzubenennen. Knab, Autor zahlreicher Publikationen zum Thema Traditionspflege der Bundeswehr, weist in seinem Schreiben nach, daß Generalleutnant Ritter von Mann als Richter im 1. Senat des Reichskriegsgerichts in Leipzig unter anderem am Todesurteil gegen die 1920 geborene Polin Krystina Wituska beteiligt war. Sie wurde am 19. April 1943 in einem der vielen Verfahren vor dem Reichsgericht gegen polnische Widerstandskämpfer wegen »Spionage, Feindbegünstigung und Vorbereitung zum Hochverrat« verurteilt. In diesem Prozeß – das von Mann unterzeichnete »Feldurteil« wurde als »geheim« deklariert und trägt den Vermerk »Rote Liste« – waren neben Krystina Wituska auch die Polinnen Maria Kacprzyk und Wanda Kamínska angeklagt. Diese beiden Frauen wurden zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Alle drei waren Ende Oktober 1942 in Warschau von der Gestapo verhaftet und nach Berlin überführt worden. Krystina Wituska wurde am 26. Juni 1944 Zuchthaus Halle enthauptet. In ihrem letzten Brief an ihre Eltern hatte sie geschrieben: »Glaubt mir, ich werde ruhig sein bis zum letzten Augenblick. Meine letzte Pflicht Euch und Polen gegenüber ist es, tapfer zu sterben.« Der Name Jakob Knab bürgt seit langem für Ärger bei der Bundeswehr. Der, wie er sich selbst nennt, »Erinnerungsarbeiter«, streitet seit Jahren gegen die Benennung von Bundeswehreinheiten nach »Helden« aus den Raub- und Vernichtungskriegen der faschistischen Wehrmacht. (...) In einer ersten Reaktion sprach der 1. Pressesprecher des Standortes Fürstenfeldbruck, Oberstabsfeldwebel Ralf Klemme, von einem »insgesamt heißen Thema«. Was insoweit auch für Fürstenfeldbruck zutrifft, als der Lageplan dieses Fliegerhorstes (Stand 1.2.2002) noch weitere Namen einstiger »Helden« der großdeutschen Wehrmacht aufweist und dringenden Handlungsbedarf anzeigt. So gibt es da ebenfalls eine »Möldersstraße«. Der von Hitler persönlich mit den höchsten Auszeichnungen des faschistischen Deutschland dekorierte »Liebling der Götter« ist beim Bund allgegenwärtig. Dann gibt es Straßen, die nach den die Bundeswehrtradition prägenden Fliegern aus dem 1. und 2. Weltkrieg Udet, Immelmann und Boelcke benannt sind.

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