Donnerstag, Oktober 21, 2004

< sz-online | sachsen im netz > „Heute Sachsen, morgen Deutschland“

Nach dem Wahlsieg strotzt die rechtsextremistische Sachsen-NPD vor Selbstbewusstsein, mahnt schon mit der Verfassung und will im Landtag manches Fahrrad neu erfinden Ganz geschäftsmäßig kommen sie daher: Ordentlich umzwirnt, mit Aktenkoffer und ernster Mine. Nur der in die Jahre gekommene Aufpasser mit der tätowierten Glatze und dem majestätischen Schnautzer passt nicht recht ins Bild. Fürchten sich Holger Apfel und Co. vielleicht auf den Fluren des sächsischen Landtages auf dem Weg zum ersten Auftritt in der Landespressekonferenz? Oben auf dem Podium sind solche Unsicherheiten verschwunden. Der Tonfall ist geradezu moderat im Vergleich zum schaurigen Erstauftritt der NPD-Frontmänner in der Freitaler „Wolfshöhle“. Fraktionsmanager Peter Marx verrät auch den Grund für den Tonwechsel: „Der Pulverdampf des Wahlkampfes“ sei abgezogen. Im Landtag werde man pragmatische Sachpolitik machen, auf der Pressekonferenz des kommenden NPD-Parteitages könne das schon „etwas anders“ klingen, so Marx. Vielleicht meint er ja damit jene Doppelzüngigkeit, auf die Verfassungsschützer hinweisen, wenn sie die NPD nach wie vor als rechtsextremistisch einstufen? Die NPD-Neulinge im Landtag strotzen geradezu vor Selbstbewusstsein. Sie haben sogar einen aufgestellt, der bei der Wahl des Ministerpräsidenten gegen Georg Milbradt von der CDU antreten soll. Ein Sachse natürlich: Uwe Leichsenring, den Fahrlehrer aus Königstein. Er kenne schließlich „die Probleme der kleinen Leute“, sagt er, und außerdem habe eine „fast Zehn-Prozent-Partei“ doch das „Recht, einen eigenen MP-Kandidaten aufzustellen“. Ganz staatstragend kündigt er schon mal an, dass es auch unter seiner Amtsführung eine Politik der „friedlichen Koexistenz“ mit den benachbarten Tschechen geben werde. [...] Dem Wochenblatt Junge Freiheit sagte der ehemalige Bundeswehroffizier Voigt auch, dass er Hitler für „einen großen deutschen Staatsmann“ halte. Der habe zwar die „Verantwortung für die Niederlage Deutschlands“, dennoch bemühe sich die NPD, „die nationalsozialistische Strömung zu integrieren“. Das Interview liegt auf dem Tisch der Berliner Staatsanwaltschaft. Die prüft, ob Voigts Parolen eine Verunglimpfung des Staates darstellen. Seit Monaten schon bastelt die NPD-Spitze an einer Einheitsfront am rechten Rand. Bereits vor dem Wahlerfolg der Rechten in Sachsen und Brandenburg gab es nach eigenem Bekunden „vertrauensbildende Gespräche“ zwischen Voigt und drei Prominenten der „freien“ Neonazi-Szene. Der bekannteste ist Thomas Wulff („Steiner“), genannt nach dem SS-General Felix Steiner, bei öffentlichen Auftritten an seiner Thälmann-Mütze zu erkennen und einer der engsten Weggefährten des rechtsextremistischen Dauermarschierers von Leipzig, Christian Worch. Nach mehreren Vereinsverboten gilt Wulff als geistiger Vater des Konzeptes der so genannten „freien Nationalisten“. Mit von der Partie ist auch Torsten Heise, der führend in der norddeutschen Neonaziszene und im rechten Musikvertrieb aktiv sein soll und bereits wegen Landfriedensbruch und Körperverletzung verurteilt wurde.

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