Dienstag, Oktober 26, 2004

taz 26.10.04 Thors ganz dezenter Runenchic

Junge Rechte mögen Pullover der Brandenburger Firma Thor Steinar. Denn deren Sachen sind mit Runen verziert, die auch SS und SA verwendet haben. Laut Verfassungsschutz arbeiten Rechtsextreme sogar in der Firma mit, doch die Justiz ist machtlos Billig sind die Sachen nicht. Mindestens 60 Euro müssen Kunden für ein Sweatshirt der Marke "Thor Steinar" zahlen. Auch die Bestellseite im Internet ist edel aufgemacht. "Thor Steinar" ist eine Erfolgsgeschichte. Seit eineinhalb Jahren verkauft die Firma Mediatex aus Zeesen südöstlich von Berlin die Klamotten - besonders unter Jugendlichen. Die bezahlen neben dem Schnitt oft auch für die Gesinnung. Im "Thor Steinar"-Logo sind die germanische Tyr-Rune und die Gibor-Rune oder "Wolfsangel" miteinander verschlungen. Erste war in der NS-Zeit Abzeichen der SA-Reichsführerschulen, letzte das Symbol für die SS-Division "Das Reich". Die auf dem globalen Weltmarkt zusammengenähten Sachen sind zur "nationalen" Haute Couture geworden. "Thor Steinar macht die Szene um eine Facette reicher", sagt Matthias Adrian vom Zentrum demokratische Kultur in Berlin. "Die Rechten, die sich immer dagegen wehrten, Skins zu sein, können so ihre Gesinnung zeigen." Aber auch in normalen Boutiquen sind Steinar-Sachen zu haben. Runen-Symbolik und nordische Mythologie passen zur schleichenden Eroberung der ostdeutschen Jugendkultur durch Rechtsextreme. Man komme an die Kinder viel besser heran, frohlockte ein Mann des "Märkischen Heimatschutzes" kürzlich im Fernsehen. Der Kundenkreis könnte sich zudem bald erweitern: Seit die britische Marke "Lonsdale" ihr Image mit antirassistischen Initiativen aufbessert, haben Neonazis deren Klamotten schon mal öffentlich verbrannt. "Thor Steinar" droht solches nicht, meint Jonas Grutzpalk vom Brandenburger Verfassungsschutz: "Der Firma gehören Rechtsextremisten an." Solche Vorwürfe kümmern Mediatex-Geschäftsführer Uwe Meusel wenig: "Wir haben mit keiner Organisation auch nur ansatzweise etwas zu tun." Der eloquente 29-Jährige spielt auch die Symbole auf seinen Pullovern als dezenten Runenchic herunter: "Unser Logo? Das ist ein T und ein S, in Runenschrift. Unsere Kollektion basiert auf dem nordischen Mythos." Mehr sei da nicht. Und überhaupt: "Warum fragen Sie uns nicht, wie viele Arbeitsplätze wir hier in Brandenburg geschaffen haben?" Wenn man fragt, sagt Meusel jedoch: "Das werde ich Ihnen jetzt nicht sagen." Darüber, dass er auch Sweatshirts mit Maschinengewehr-Aufdruck und Drohsprüchen wie "Hausbesuche" anbietet, will er schon gar nicht reden.

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