Mittwoch, Juli 07, 2004

Merkur Online - "Zeigt kein Erbarmen, keine Reue"

Gefahr von Rechts: Die bundesweiten Netzwerke der Neonazis München - Die Aufdeckung des geplanten Anschlags von Neonazis anlässlich der Grundsteinlegung für das Jüdische Zentrum in München hat die Öffentlichkeit aufgeschreckt. Politiker sprechen von einer "völlig neuen Dimension" der rechten Gewalt in Deutschland. Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) warnt gar in Anlehnung an die linksterroristische Rote Armee Fraktion (RAF) vor einer "Braunen Armee Fraktion". Nicht erst seit dem Münchner Fall kursieren in der Öffentlichkeit Befürchtungen, Rechtsextremisten könnten sich zu terroristischen Zellen zusammenschließen. Glatzen und Scheitelträger schließen sich zusammen Offenkundig scheint, dass sich die Neonazi-Szene in den vergangenen Jahren vom viel zitierten "Aufstand der Anständigen" wenig beeindrucken hat lassen. Von der Öffentlichkeit fast unbemerkt hat die Szene ein Netzwerk geschaffen, das zwar nicht dem Vergleich mit der RAF Stand hält, das aber großen Anlass zur Sorge gibt. Vor allem die fortschreitende Vernetzung zwischen gewaltbereiten, hassgeprägten Skinheads mit ideologisch gefestigten Neonazis. Davor hatte Robert Bihler vom bayerischen Verfassungsschutz bereits Ende vergangenen Jahres gewarnt. Zusammen kommen Skinheads und die von den "Glatzen" häufig als "Scheitelträger" belächelten Neonazis in den neuen Netzwerken der Szene: den Kameradschaften. In diesen hat sich die neonazistische Szene nach dem Verbot zahlreicher rechtsextremistischer Organisationen zwischen 1992 und 1998 überwiegend organisiert. Und offenbar haben die Rechtsextremisten aus der Verbotswelle gelernt. Denn die Kameradschaften mit meist nicht mehr als 25 Mitgliedern verzichten darauf, sich wie Parteien oder Vereine zu organisieren. So erschweren sie dem Staat Gegenmaßnahmen. "Fast jeder der zirka 3000 Neonazis ist in einer der rund 160 Kameradschaften eingebunden", heißt es im jüngsten Verfassungsschutzbericht. Ein Beispiel dafür, dass Neonazis und Skinheads sich zusammenschließen, ist "die Kameradschaft Süd", von deren Mitgliedern etwa zwei Drittel der Skinhead-Szene angehören. "In der Regel geben Neonazis in diesen gemeinsamen Strukturen den Ton an", erklären die Verfassungsschützer. Die Skinheads in Kameradschaften seien stärker politisiert als jene in losen Cliquen: "Da sie ihr skinheadtypisches Verhalten nicht ablegen, bringen sie oftmals einen nicht zu unterschätzenden Faktor spontaner Gewalt in die Kameradschaften." (...) Was würde passieren, wenn Rechtsextremisten von Finanziers Mittel bekämen, um umzusetzen, was der führende Funktionär der freien Kameradschaft Nordrhein-Westfalen, Michael Krick, fordert: "Greift das System an, wo immer es geht. Staatsanwälte, Richter haben Namen, Adressen und Familie. Eurer Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Zeigt kein Erbarmen, keine Reue. Der weiße arische Widerstand lebt."

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