Freitag, Mai 20, 2005
taz 20.5.05 Nicht ihr Revier
Nur wenn Rechtsextremisten Erfolg haben, gilt das als eine interessante Geschichte. Warum eigentlich? Ein Besuch im Ruhrgebiet, wo die NPD seit vierzig Jahren vergeblich versucht, einen Fuß auf den Boden zu bekommen
Keine halbe Stunde nach dem Auftauchen der NPD schreitet der Rechtsstaat ein. Der Rechtsstaat nuschelt zwar ein wenig durch einen kleinen grauen Schnauzer, aber was er sagt, ist unmissverständlich. Klaus Demuth, 53, Polizeihauptkommissar in Dortmund-Scharnhorst, setzt der NPD, die "nach Sachsen jetzt auch Nordrhein-Westfalen erobern" will, in schönstem Amtsdeutsch auseinander, dass die hinteren Beine ihres Tapeziertisches auf einem Privatgrundstück stehen. Das geht nicht. Ein Vertreter der Eigentümer hat sofort die Polizei gerufen. Außerdem parkt der schwarz lackierte VW-Bus, aus dem die Liedzeile "Das ganze Deutschland soll es sein" plärrt, halb auf dem Gehweg. Das geht auch nicht.
Die sieben anwesenden Nationaldemokraten sind eine Woche vor der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen ein bisschen verzweifelt. "Wenn wir direkt vor Geschäften aufbauen, beschweren sich regelmäßig die Inhaber", beklagt sich der Älteste. Es ist Udo Voigt, der Bundesvorsitzende der Partei. An diesem gepflasterten Nebenzugang zum Einkaufszentrum Scharnhorst - einer dieser hässlichen Fußgängerzonen, die viel typischer sind für das heutige Ruhrgebiet als Fördertürme und Halden - kommen nur unregelmäßig Leute vorbei. Und nicht einmal diese wenigen werden mit den mitgebrachten Anti-Ausländer-Flugblättern behelligt, denn erst mal muss der Tisch verrückt werden und das Auto umgeparkt. Dann wird die Straße vor dem NPD-Stand noch mit einem rot-weißen Hütchen gesichert - wie ein Unfallort.
"Und wenn Sie hier fertig sind, bringen Sie mir das Hütchen doch bitte zurück in die Wache", sagt der Polizeihauptwachtmeister beim Gehen noch. "Aber selbstverständlich. Machen wir. Gerne", antwortet Voigt devot. Die NPD ist kleinlaut geworden. Nach 9,2 Prozent in Sachsen, 4,0 Prozent im Saarland und 1,9 in Schleswig-Holstein droht der Partei nun in Nordrhein-Westfalen der Totalabsturz. "Zwei Prozent wären für uns schon ein Erfolg", sagt Voigt. Doch intern fürchten die Neonazis den Supergau: Bei weniger als einem Prozent Wählerstimmen gibt es keine Wahlkampfkostenerstattung.
Abonnieren
Kommentare zum Post (Atom)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen