Mittwoch, September 28, 2005
junge welt vom 28.09.2005 - Wölfe legen sich neue Schafspelze zu
Neonazis wollen weg vom Brutalo-Image. Neues Outfit soll helfen, mehr Einfluß zu gewinnen
Das Aussehen von Neonazis wandelt sich. Zwar ist der martialische Skinhead nicht von der Bildfläche verschwunden, aber er dominiert nicht mehr das Erscheinungsbild neofaschistischer Aufzüge. Bei den Neonazis ist ein schwer durchschaubares Cross-Over eingekehrt. Selbst Symbole aus dem linken Spektrum gehören inzwischen dazu.
Neofaschisten frönen ihrem Antisemitismus und schwenken Palästinafahnen, im gleichen Atemzug brüllen sie Sprechchöre gegen den US-Imperialismus, weil sie darin eine jüdische Weltverschwörung sehen. In Che Guevara, dessen Konterfei nun häufiger auf den Hemden von Neofaschisten zu sehen ist, haben sie ihren nationalen Befreiungshelden entdeckt. HipHop, der in den schwarzen Ghettos entstanden ist, finden sie ebenso attraktiv wie die Musik von Ton Steine Scherben. Auch der Kleidungsstil der Frauen entfernt sich zunehmend vom Klischee der Nazisubkultur. Das erkennbar rechte Outfit des Skingirls oder BDM-Mädels weicht dem Girlie-Style. Knappe T-Shirts, Kleider und Trägerhemdchen gehören inzwischen zum Repertoire des rechten Versandhandels.
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1 Kommentar:
Worüber sich die "junge Welt" ausschweigt, ist, daß es sich bei diesem Wandel im Erscheinungsbild nicht unbedingt um eine konzertierte Einkleidungsaktion handelt, sondern daß die optische Annäherung auch mit inhaltlichen Berührungspunkten zu Teilen der Linken zu tun hat.
Um mit Palitüchern herumzulaufen, müssen Nazis keinen Etikettenschwindel betreiben, sondern sind der ursprünglichen Bedeutung dieses Accessoires sehr nah. Auch der "deutsche Sozialismus" als Gegenmittel gegen die böse Globalisierung wird ja nicht nur propagiert, um der Linken ähnlich zu werden, sondern als originäres ideologisches Konzept, das ins 19. Jahrhundert zurückreicht.
Ich bin gespannt, wie jetzt damit umgegangen wird, daß Nazis nicht mehr so einfach zu erkennen sind.
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