Samstag, September 03, 2005

taz 3.9.05 Rechtsextreme erteilen Musikunterricht

Ungestört startet die NPD ihre Wahlkampfaktion "Schulhof-CD" vor einem Oberstufenzentrum im brandenburgischen Fürstenwalde. Der Schulleiter reagiert hilflos, rechtliche Möglichkeiten hat er nicht. Die Rechten haben die Grenzen ausgelotet So sieht also die "Wand des Widerstandes" aus, die der NPD von der Brandenburger Landesregierung angedroht worden war: Schulleiter Joachim Schenk tritt vor die Pforte des Oberstufenzentrums Fürstenwalde, sieht sich den Spuk an und sagt erst mal nichts. Schließlich geht er auf den Mann zu, der am Rande des Parkplatzes vor Unterrichtsbeginn mit jungen Helfern CDs und Werbezettel verteilt: "Was machen Sie hier?" "Das ist eine Wahlkampfveranstaltung für Erstwähler", antwortet Klaus Beier, hauptberuflich Parteisprecher der NPD und örtlicher Direktkandidat. Eine saubere Untertreibung. Als Chefpropagandist der Rechtsextremisten will Beier an diesem Morgen vor einem der größten Oberstufenzentren Brandenburgs den Start der bundesweiten Wahlkampfaktion "Schulhof-CD" zelebrieren. Der Direktor lässt ihn machen. An Laternenmasten werben schon länger NPD-Plakate für "Inländer-freundliche Politik". Keiner hat sie beschmiert. "Natürlich finde ich das alles nicht gut", sagt Schenk. "Aber verhindern können wir das nicht." Der Parkplatz sei kein Schulgelände, die NPD eine zugelassene Partei. Die "staatlichen Stellen" informieren, mit den Schülern "darüber sprechen" - mehr sei leider nicht drin. Juristisch liegt er damit richtig. 14 Titel haben die NPD-Strategen auf ihre "Schulhof-CD" gepresst: Rechtsrockgegröle über "eiserne" Krieger und korrupte Bürokraten, seniorenkaffeetaugliches Geschrummel über den Tod eines "Mädels" für die schwarz-weiß-rote Fahne, das Deutschlandlied. Juristisch unangreifbar, urteilten Staatsanwälte. Nur gegen eine wüstere "Schulhof-CD" aus der Neonazi-Szene liegt ein Beschlagnahmebeschluss der Staatsanwaltschaft vor. Doch auch der steht auf der Kippe: Das Stendaler Amtsgericht hat die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt.

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