Mittwoch, Mai 18, 2005

Jungle World ··· 20/2005 Antifa ··· Extreme Re-Reeducation

Brandenburgs Innenminister Jörg Schönbohm trat vor kurzem als Festredner auf einem Treffen der Studentenverbindung »Hamburger Waffenring« auf. Die Eingangstüren der Provinzialloge zu Hamburg waren weit geöffnet. Aber längst nicht jeder Interessierte durfte die Tagung unter dem Motto »Deutsche Erinnerungskultur« besuchen. »Geschlossene Gesellschaft«, erklärte ein junger Herr höflich, aber bestimmt, vor den Mozartsälen der Loge. Über 350 erwünschte Gäste sollen am 29. April zu der Tagung der »Staats- und Wirtschaftspolitischen Gesellschaft« (SWG) anlässlich »der 60. Wiederkehr des 8. Mai 1945« gekommen sein. Seit über 40 Jahren bemüht sich die SWG, die von dem Brigadegeneral a.D. Reinhard Uhle-Wettler geleitet wird, um die »konservative Bildungsarbeit« im »vorpolitischen Raum«. Mit Erfolg, wie die Gesellschaft, die als gemeinnütziger Verein in Hamburg eingetragen ist, bereits bei ihrem 25jährigen Jubiläum bilanzierte: »Profilierte Politiker, hohe Militärs, Wissenschaftler der verschiedensten Disziplinen haben in unseren Veranstaltungen gesprochen«. Und das tun sie auch heute noch. Schon die Aufkleber an den parkenden Autos vor der Provinzialloge offenbarten, um welche Klientel es sich bei der SWG handelt. Embleme von Burschenschaften prangten neben Aufklebern gegen Political Correctness. Auf der Tagung sprachen, der Einladung zufolge: Doktor Klaus Wippermann, ehemaliger Chefredakteur der Zeitung Aus Politik und Zeitgeschichte, über die »Kunst des Erinnerns«; Professor Ulrich Mattée von der Universität Kiel über das »Erbe des deutschen Ostens am Beispiel Königsberg«; Ehrhardt Bödecker, Berliner Buchautor und Bankier, über »Preußen – ein Vorbild für Kultur und Lebensform?« sowie Professor Günter Zehm, Universität Jena, über Friedrich Schiller als »Erzieher der Deutschen«. Zehm schreibt schon seit langem für die Junge Freiheit. In seiner Begrüßung formulierte Uhle-Wettler seine übliche Kritik an dem vermeintlich vorherrschenden Geschichtsbild in Deutschland. Regelmäßig klagt der langjährige Vorsitzende der SWG, der eine Festschrift für den englischen Auschwitzleugner David Irving veröffentlichte und bei der rechtsextremistischen Kulturvereinigung »Gesellschaft für freie Publizistik« auftrat, über das »US-amerikanische Umerziehungsprogramm für die besiegten Deutschen«. Doch auch der »Hamburger Aufruf« der SWG, den sie gleich mit der Einladung verschickte, deutete die Ausrichtung der Tagung an. »Wir Frauen und Männer aus dem Volk«, schreibt die SWG, »rufen unsere Vertreter im Deutschen Bundestag auf, das (…) positive Erbe unserer Vorfahren dankbar anzunehmen« und »die überzogene und unangemessene Bußkultur« zu beenden, »die sich in einer zerstörerischen Selbstbezichtigung (…) äußert«. Um den »inneren Frieden« nicht zu gefährden, müsse ebenso die »ständige (…) Berufung auf angeblich vorhandenen (…) Rassismus und Antisemitismus« aufhören.

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