Montag, Mai 23, 2005

NZZ: Die Gewalt im ostdeutschen Fussball ist kein reines Erbe der DDR

Sorglosigkeit von Entscheidungsträgern und Versäumnisse in Erziehung und Prävention Gut ein Jahr vor der WM sind viele kritische Augen auf den Austragungsort Deutschland gerichtet. Die Gewalt, auch in Schweizer Stadien (zuletzt am Cup-Final in Basel) eine unschöne Erscheinung, ist im Nachbarland gemäss einer Studie vor allem ein Problem des Ostens. Die Militanz der Fans ist kein Medienphänomen, wie Entscheidungsträger häufig behaupten. (...) Doch die Gewalt im ostdeutschen Fussball ist kein reines Erbe der DDR. Es wäre oberflächlich, die graue Vorzeit als Fundament für den gegenwärtigen Missstand zu betrachten. Anfang der neunziger Jahre wuchs in den neuen Ländern die rechtsradikale Szene. Vornehmlich Jugendliche suchten sich ein Ventil, um ihren Frust über die Entwicklung sozialer Strukturen zu verarbeiten. Sie verloren sich im Wandel der Zeit. Diese Entwicklung ragt bis in die Gegenwart hinein. «Wo die Probleme heute am grössten sind, neigen Menschen leider schneller zu Gewalt», sagt Uwe Leonhardt, der Präsident des FC Erzgebirge Aue. Die Folge: Fans in Erfurt, Dresden oder Cottbus artikulieren ihren Frust über Arbeitslosigkeit und fehlende Perspektiven unter dem Deckmantel des Massensports. Viele von ihnen lassen sich von Osteuropa inspirieren. Szenen wie in Aue sind in Polen an der Tagesordnung. Gegen die Militanz der Fans ist die Polizei oft machtlos.

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