Donnerstag, Juni 17, 2004

Jungle World ··· 25/2004 Dossier ··· Deutsch-französische Freundschaft

Das Massaker von Oradour-sur-Glane, die SS-Division »Das Reich« und der Prozess von Bordeaux. Am 10. Juni 1944, einem Sonnabend, kreist um die Mittagszeit die Dritte Kompanie des Vierten SS Panzergrenadier-Regimentes »Der Führer« der Zweiten SS-Panzer-Grenadier-Division »Das Reich« das Dorf Oradour-sur-Glane ein, ermordet die Bewohner, Männer, Frauen und Kinder, auch die Kinder der Nachbargemeinden, die im Ort zur Schule gehen, Wochenendgäste und Besucher fast ausnahmslos, plündert, brennt die Häuser nieder, trinkt nach vollbrachter Tat Champagner und Wein aus den Kellern und macht sich davon. Einige verlassen noch am Abend das zerstörte Dorf, andere feiern im Haus der Familie Dupic die ganze Nacht lang eine Orgie und verlassen Oradour erst am nächsten Morgen, nicht ohne das Haus noch anzustecken. Am Montag in aller Frühe kommen die Deutschen noch einmal zurück, um ihre Spuren zu verwischen. In zwei Gruben werden Leichen vergraben, die Kirche, in der sie Frauen und Kinder ermordeten, wird »gereinigt«. Die genaue Anzahl der Toten konnte nie festgestellt werden. Fast zwei Jahre später stellte ein Zivilgericht in der Kreisstadt Rochechouart nach Anhörung aller Zeugen und Einsicht in alle Dokumente jedoch amtlich fest: Es waren 642 Tote, von denen nur 52 identifiziert werden konnten. 36 Menschen überlebten, sei es, weil sie außerhalb arbeiteten oder auf Reisen waren, sei es, weil sie fliehen konnten. Unter den Toten waren 40 Menschen aus Lothringen, sieben oder acht Elsässer, 19 Spanier, drei Polen und eine siebenköpfige italienische Familie. Das Feuer zerstörte 328 Bauten, darunter 123 Wohnhäuser, 22 Geschäfte, vier Schulen und den Bahnhof.

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