Mittwoch, Mai 04, 2005

Jungle World ··· 18/2005 ··· Der Geldfälscher von Sachsenhausen

Adolf Burger wurde am 5. Mai von amerikanischen Truppen in einem KZ in Österreich befreit. Er musste u.a. in Sachsenhausen für die Nazis Geld und Dokumente fälschen. Heutzutage arbeitet er gegen die Fälschung der Nazivergangenheit (...) Am Vortag hat Burger in der internationalen Begegnungsstätte von Sachsenhausen vor 60 Jugendlichen aus unterschiedlichen Ländern einen Vortrag gehalten. Die jungen Tschechen waren auch dabei. »Ich habe gegen die Neonazis gesprochen und darüber, wie alles angefangen hat mit Hitler und den Faschisten. Auch in meiner ehemaligen Heimat Slowakei. Und dann habe ich von den Gaskammern erzählt und von IG Farben und den Konzernen, die daran verdient haben. Alle haben ganz ruhig zugehört«, erzählt er begeistert. Sein Deutsch ist nahezu akzentfrei. Er ist in einer kleinen Stadt in der Slowakei aufgewachsen. Dort lebten Slowaken, Ungarn und Deutsche zusammen. Seine Eltern waren Juden. »Mein Deutsch habe ich nicht in Kursen gelernt, sondern auf der Straße, beim Spielen mit den anderen Kindern«, berichtet er stolz. Nach dem Krieg hat er sich dann in Prag niedergelassen. Er hat auch bereits den Gedenkstein für die tschechischen Studenten besucht, die im November 1939 im besetzten Prag gegen die Deutschen demonstrierten. Ein mutiger Akt des Widerstandes, den die Deutschen brutal bestraften. 1 140 Studenten wurden verhaftet und nach Sachsenhausen deportiert. 21 von ihnen ermordeten die Nazis. Lange Zeit habe es keine Erinnerung an diesen tschechischen Widerstand gegeben, fast sei er vergessen worden, betont Burger. Er konnte mit Hilfe deutscher und tschechischer Freunde und Sponsoren dafür sorgen, dass vor fünf Jahren ein Gedenkstein mit den Namen der Getöteten auf dem Gelände der Gedenkstätte errichtet wurde. »Drei Studenten fehlen in der Aufzählung. Sie waren Juden und wurden in Auschwitz ermordet«, erläutert er bitter. Deshalb fand es die Gedenkstättenleitung nicht historisch korrekt, dass ihre Namen auf dem Gedenkstein auftauchen. Auch das Wort »ermordet« findet sich nicht, wie ursprünglich geplant, auf dem Stein. »18 von ihnen haben das Konzentrationslager nicht überlebt«, heißt es nun. Adolf Burger war ebenfalls im Widerstand aktiv. Er lebte bis zu seiner Verhaftung im August 1942 in Bratislava. Der gelernte Drucker arbeitete ab Ende der dreißiger Jahre für die illegale Kommunistische Partei. Eine Jugendfreundin hatte ihn gefragt, ob er mitmachen wolle. »Die Entscheidung dort mitzuarbeiten, hat mein ganzes Leben beeinflusst«, erzählt er rückblickend über 60 Jahre später. Fast drei Jahre arbeitete er im Untergrund und fälschte Dokumente, Staatsbürgerschaftsnachweise, Taufscheine, mit denen sich Verfolgte vor den Nazis und ihren slowakischen Handlangern in Sicherheit bringen konnten. In der Zeit lernte er auch seine Frau Gisela kennen, die ebenfalls im Untergrund aktiv war. Sie heirateten und verlebten trotz aller widrigen Umstände eine glückliche verliebte Zeit.

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