Donnerstag, Januar 19, 2006

Stuttgarter Zeitung online - "Krebsgeschwüre" im Staate Dänemark

Das liberale Image des Landes bröckelt - aber der Widerstand der Intellektuellen gegen die Diskriminierung von Muslimen regt sich 'Landesverräter' ist im Dänischen das übelste Schimpfwort, mit dem man Widersacher abstempeln kann, eindeutig gemünzt auf jene Kollaborateure, die während der Besatzungszeit gemeinsame Sache mit den Nazis machten. 'Landesverräter' schilt Pia Kjúrsgaard, Vorsitzende der rechtspopulistischen, einwandererfeindlichen Dänischen Volkspartei (DVP), eine Gruppe muslimischer Vertreter, die kürzlich durch die arabische Welt reisten, um dort 'Aufklärung' über die dänische Islamdebatte zu verbreiten. Mit Lügen und Halbwahrheiten schändeten sie das Ansehen des Landes, das ihnen Aufenthalt gewährt, so Kjúrsgaard, woraufhin die Imame Anzeige wegen Verleumdung erstatteten. Das ist eine neue Eskalation einer Debatte, die seit Langem in Dänemark Wellen schlägt - als gäbe es kein anderes Problem als die mit höchstens 200 000 Menschen recht kleine muslimische Minderheit. Als 'Krebsgeschwür', als 'Terrorbewegung', als 'Pest über Europa' bezeichneten Abgeordnete der Dänischen Volkspartei den Islam. 'Alle Länder des Westens sind von Muslimen infiltriert, manche reden nett zu uns, während sie warten, bis sie genug sind, um uns umzubringen', verkündete der DVP-Europaparlamentarier Mogens Camre. Doch die Hetze ist nicht nur Spezialität der Rechtsaußen. In den Medien vergeht kein Tag ohne Negativschlagzeilen über Ausländer und vor allem Einwanderer und Flüchtlinge aus islamischen Ländern, die als Sündenböcke für alle negativen Entwicklungen herhalten müssen. Ob es um Wohnungsnot geht, um Kriminalität, um Schulprobleme, stets wird die Stimmung geschürt, der Kjúrsgaard und Konsorten in dem Land, dessen Wirtschaft blüht wie nie zuvor, Worte verleihen: 'Ohne die Fremden ginge es uns besser.

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