Freitag, Februar 25, 2005

taz 25.2.05 Zu Nazi- und SS-Vergangenheit kein Wort

Münsters Politiker machen sich für das "Westpreußische Landesmuseum" stark. Doch die Konzeption des Hauses scheint fragwürdig: Das "dritte Reich" wird kaum erwähnt, die Trägerstiftung trägt den Namen eines hochrangigen SS-Mannes In der SS machte Erik von Witzleben schnell Karriere: 1940 auf Bitten eines SS-Oberführers mit einem "Führerdienstgrad" in die nationalsozialistische Eliteorganisation aufgenommen, wurde der westpreußische Landadelige schon 1942 zum "Sturmbannführer" befördert. "Von Witzleben kann und wird der SS noch wertvolle Dienste leisten", so die Einschätzung der Nazis. Die "Landsmannschaft Westpreußen e.V." schätzt Witzleben trotzdem. Eine Stiftung trägt noch heute seinen Namen - sie kontrolliert auch das "Westpreußische Landesmuseum" in Münster-Wolbeck. Für das machen sich vor allem Politiker der CDU und FDP stark. Dagegen denkt Christina Weiss, Bundesbeauftragte für Kultur und Medien, über eine Zusammenlegung mit dem ostpreußischem Pendant am Standort Lüneburg nach. "Der derzeitige Zustand ist auf Dauer für eine öffentlichkeitswirksame Museumsarbeit unzureichend", schreibt Weiss in einer Stellungnahme, die der taz vorliegt. Unzureichend erscheint auch das Konzept des Museums: Die Nazi- und SS-Vergangenheit des Stiftungsnamensgebers Witzleben wird ebenso verschwiegen wie das Konzentrationslager Stutthoff, wo Zehntausende umgebracht wurden. Der Zeitraum von der Angliederung Westpreußens an Polen bis zum Beginn der Vertreibung der Deutschen Ende des zweiten Weltkriegs wird kaum erwähnt, die Jahre 1920 bis 1945 werden fast komplett ausgeblendet. Dennoch macht sich Münsters Oberbürgermeister Berthold Tillmann für das Haus stark: Die Planungen von Weiss seien "höchst ärgerlich", findet der Christdemokrat - der Chef der Stadtverwaltung will das Museum in Münster halten, träumt sogar von einem Neubau im Stadtteil Hiltrup. Dabei kann sich Tillmann auf die Unterstützung weiterer prominenter Christdemokraten verlassen. Ruprecht Polenz, ehemals Generalsekretär der Bundes-CDU und Münsteraner Bundestagsabgeordneter, kämpft für das Museum, ebenso wie sein Parlamentskollege und Parteifreund Peter Paziorek. Rechtsanwalt Paziorek sitzt sogar im Stiftungsrat der nach dem SS-Mann Witzleben benannten Westpreußen-Stiftung, die vom Bund mit rund 485.000 und vom Landschaftsverband Westfalen-Lippe mit knapp 100.000 Euro großzügig alimentiert wird.

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