Montag, Juni 07, 2004

PROFIL Online - Landesverräter und Nazi-Sympathisanten

Die Entgleisung von Josef Broukal verschafft dem EU-Wahlkampf einen neuen Tiefpunkt – und wird die SPÖ Stimmen kosten. Wer gemeint hatte, dass mit Jörg Haiders Forderung, SP-Spitzenkandidat Hannes Swoboda wegen „Landesverrats“ das aktive wie passive Wahlrecht abzuerkennen, der intellektuelle Tiefpunkt des EU-Wahlkampfs erreicht sein müsste, der wurde eines Schlechteren belehrt. Erst befürwortete Vizekanzler Hubert Gorbach vergangene Woche den von Jörg Haider nachgereichten Vorschlag, einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss einzusetzen, um das Verhalten Swobodas sowie der SPÖ zu Zeiten der Sanktionen zu untersuchen. (Dass ein U-Ausschuss zu diesem Thema nach – ausnahmsweise praktisch einhelliger – Meinung der führenden Verfassungsjuristen rein technisch überhaupt nicht zulässig ist, beeindruckte Gorbach in diesem Zusammenhang nicht merklich.) Dann unterstellte FP-Klubobmann Herbert Scheibner EU-Kommissar Franz Fischler, sich „in die Gruppe der Österreich-Vernaderer einreihen“ zu wollen, weil dieser sich erfrecht hatte, darauf hinzuweisen, dass Europa einen EU-Wahlkampf, wie er derzeit in Österreich geführt wird, wirklich nicht verdient hat. Und dann kam der Freitag und mit ihm Josef Broukal. Gegen Ende einer über weite Strecken durchaus sachlich geführten Parlamentsdebatte zu EU-Themen trat der eben erst zum stellvertretenden Obmann im SP-Parlamentsklub ernannte Broukal ans Rednerpult, wo ihn der ÖVP-Abgeordnete Erwin Rasinger durch einen Zwischenruf („Sind Sie jetzt für die Sanktionen oder dagegen? Sind Sie jetzt für das Champagner-Trinken von Gusenbauer oder dagegen?“) völlig aus der Fassung brachte. „Also ich sage Ihnen ganz ehrlich“, replizierte Broukal sichtlich echauffiert. „Wenn ich an einem 5. Mai [sic!] entscheiden muss, ob ich mit einer Bande Neonazis vor den Heldenplatz in Wien ziehe oder mit einem französischen Politiker für die endgültige Befreiung Europas vom Nationalsozialismus mit Champagner anstoße, dann sage ich Ihnen: Her mit dem Champagnerglas! Es ist Ihnen unbenommen, den Nationalsozialisten nachzutrauern, aber es ist unser Privileg, die Befreiung Europas auch heute noch als denkwürdiges Ereignis zu feiern!“ siehe auch: Josef Broukal legt sich wieder mit den Freiheitlichen an. Früherer ORF-Moderator steht vor Wahl zum stellvertretenden SPÖ-Klubchef; Porträt: Josef Broukal

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