Mittwoch, Januar 18, 2006

Jungle World ··· 3/2006 Euro ··· Mehmets Freunde

Der Papstattentäter und rechtsextreme Killer Mehmet Ali Agca ist frei Fünf Jahre musste Mehmet Ali Agca in der Türkei für den Mord an dem Journalisten Abdi Ipekçi absitzen, seit der vorigen Woche ist er frei. Dass er, wie es Justizminister Hikmet Sami Türk formuliert, »trotz der vorliegenden Gerichtsurteile« freigelassen wurde, ist ein Skandal, der einiges über den Zustand der Republik aussagt. Doch beginnen wir von vorn. Als Ipekçi im Februar 1979 ermordet wurde, war der Sozialdemokrat Bülent Ecevit Ministerpräsident. Innenminister Hasan Fehmi Günes überwachte persönlich die polizeilichen Ermittlungen. Binnen kurzer Zeit konnte man ermitteln, wer an der Planung und Ausführung des Mordes beteiligt war. Nun stellte sich die Frage nach den Hintergründen. In diesem Moment mischte sich der Militärkommandant von Istanbul ein. Er nutzte die Befugnisse, die ihm der Ausnahmezustand gewährte, und übertrug die Ermittlungen an die Militärbehörden. Dieser Kommandant hieß Necdet Ürug. Er sollte bei dem Putsch vom 12. September 1980 eine Schlüsselrolle spielen und in den achtziger Jahren zum Generalstabschef aufsteigen. Man habe es der Polizei nicht zugetraut, die Ermittlungen ordnungsgemäß durchzuführen, sagte er später. Aber ermittelten die Militärs sorgfältiger? Die Akten zeigen das Gegenteil. Damit nicht genug, gelang Agca im November 1979 die Flucht aus dem streng bewachten Militärgefängnis Istan­bul-Maltepe. Seine Helfer waren Figuren, die selbst im Verdacht standen, an dem Mord an Ipekçi beteiligt gewesen zu sein, allen voran Abdullah Çatli, in den siebziger Jahren stellvertretender Vorsitzender der Jugendorganisation der rechtsextremen MHP (»Graue Wölfe«) und erwiesenermaßen verantwortlich für viele politische Verbrechen, etwa für den Mord an sieben Mitgliedern der Türkischen Ar­beiterpartei im Oktober 1978.

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