Mittwoch, Januar 18, 2006

Kein Umgangston

Ein Forschungsprojekt zum Rechtsradikalismus in Brandenburg am Moses Mendelssohn Zentrum Erschreckendes ereignete sich beim Auswärtsspiel des 1. FC Energie Cottbus bei Dynamo Dresden im Dezember des vergangenen Jahres: Cottbuser Fans entrollten ein Plakat, auf dem „Juden“ zu lesen und zwei Davidsterne, wie sie in der NS-Zeit zur Diffamierung von Juden dienten, zu sehen waren. Das „D“ erinnerte dabei an das von Dynamo Dresden. Offenbar sollten so die Dresdner Fans beleidigt werden. Als DSF-Livespiel flimmerte die Aktion über unzählige Fernsehschirme, ein empörter Aufschrei in der Öffentlichkeit blieb allerdings aus. Für Lars Rensmann sind solche Vorfälle Ausdruck eines „informellen Rechtsextremismus“, bei dem auch Antisemitismus in jüngerer Zeit wieder eine verstärkte Rolle spiele. Im Alltag kommt dieser beispielsweise zum Ausdruck, wenn selbst Menschen, die sich nicht bewusst zu rechtsradikalen Positionen bekennen, das Wort „Jude“ als Diffamierung benutzen. Angesichts des Vorfalls in Dresden müsste nun natürlich auch geklärt werden, inwieweit Fußballfans überhaupt rechtsradikal unterwandert werden. Lars Rensmann forscht seit einigen Monaten als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Potsdamer Moses Mendelssohn Zentrum (MMZ) zum Antisemitismus und Rechtsextremismus in Brandenburg. Dabei betrachtet er neben dieser jugendkulturellen und „informellen“ vor allem die offen rechtsextreme Szene und untersucht, wie dem Rechtsradikalismus praktisch und auf lokaler Ebene begegnet werden kann. Dabei beobachtet er, dass gerade beim Thema Antisemitismus die Grenzen zwischen bekennenden Neonazis und Kreisen, in denen rechtsradikale Redewendungen „nur“ zum Umgangston gehören, heute oft genug fließend sind.

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