Freitag, Januar 06, 2006

TP: Frankreich: Erstmals Holocaust-Leugner im Gefängnis?

Rechtsextremer Parlamentarier verurteilt Der 65jährige ehemalige Regionalparlamentarier des rechtsextremen Front National (FN) für den Raum Grenoble, Georges Theil, könnte der erste Franzose werden, der wegen eines Tatbestands im Zusammenhang mit der Verbreitung der 'Auschwitzlüge' ins Gefängnis muss. Am letzten Dienstag wurde er – zum wiederholten Male – wegen solcher Äußerungen verurteilt. Theil hatte am 14. Oktober 2004 im Parlament der Region Rhône-Alpes, in Lyon, auf dem Flur gegenüber einem lokalen Fernsehteam wörtlich erklärt, die Gaskammern seien 'abgeschottete Kammern zur Desinfektion' gewesen und: 'Je mehr Zyklon B die Deutschen benutzten, desto mehr Leben retteten sie.' Die Vergasung von Menschen sei 'eine chemische und physikalische Unmöglichkeit'. Dafür erhielt er jetzt vor dem Strafgericht erster Instanz in Lyon sechs Monate Haft ohne Bewährung plus 10.000 Euro Geldstrafe und muss zusätzlich 33.000 Euro an elf Antirassismus- oder Menschenrechtsgruppen, die alle als Nebenkläger aufgetreten waren, bezahlen. Die Auslassungen des Abgeordneten des Front National erfolgten drei Tage, nachdem dessen "Generalbeauftragter" (délégué général) Bruno Gollnisch – "Nummer zwei" in der Parteihierarchie hinter dem "Chef" Jean-Marie Le Pen – auf einer Pressekonferenz in Lyon am 11. Oktober 2004 erklärt hatte, ob und wie viele Menschen in den NS-Vernichtungslagern gestorben seien, müsse Gegenstand einer "freien Debatte unter Historikern" sein. Durch diese Äußerungen, für die er nicht einmal irgendeinen "Anlass" hatte (die Pressekonferenz war eigens anberaumt worden), wollte Gollnisch sich mutmaßlich innerparteilich im Rennen um die Nachfolge des alternden "Chefs" und Gründervaters Le Pen profilieren. Doch für diese offene Anzweiflung des Holocaust, oder jedenfalls seiner realen Dimensionen, wird sich Gollnisch selbst am 23. Mai dieses Jahres vor einem Strafgericht in Lyon verantworten müssen. Bruno Gollnischs Immunität als Angehöriger des Europaparlamentarier wurde in dieser Sache im Dezember 2005 aufgehoben, und als Juraprofessor an der Universität Lyon-III erhielt Gollnisch aufgrund derselben Angelegenheit vor einem Jahr ein fünfjähriges Lehrverbot - faktisch bis zu seiner Pensionierung - bei Halbierung seines Gehalts auferlegt. Sein sicherlich erheblich einfacher gestrickter, "Parteifreund" Georges Theil fühlte sich daraufhin durch die Ausfälle des Fraktionsvorsitzenden und Juraprofessors offenkundig ermutigt. Es handelt sich nicht um die Erstlingstat des rechtsextremen Regionalpolitikers Georges Theil. Aufgrund ähnlicher Äußerungen ist er bereits im Jahr 2001 zu einer dreimonatigen Bewährungsstrafe und am 7. Oktober 2005 im westfranzösischen Limoges zu einer Haftstrafe von sechs Monaten (diesmal ohne Bewährung) verurteilt worden. Letztere Verurteilung ist zur Zeit noch nicht rechtskräftig, da Theil Berufung eingelegt hat. Das Urteil in Limoges, das erstmals in einem solchen Fall nicht zur Bewährung ausgesetzt war, erging wegen einer Schrift, die Theil unter dem Pseudonym "Gilbert Dubreuil" veröffentlicht hatte und worin er die Existenz der Gaskammern als "suspekt" und als "Fiktion" bezeichnete. Die im Eigenverlag als "Samizdat", also "Untergrundpublikation", erschiene Schrift trug den Titel "Ein Fall von Nichtunterwürfigkeit, wie man Revisionist wird". Theil war so unverfroren aufgetreten, dass er sie – als sein eigenes Werk – persönlich dem ehemaligen antifaschistischen Widerstandskämpfer Georges Guingouin unter die Nase hielt. In dieser Angelegenheit wurde er zu sechs Monaten Haft ohne Bewährung, aber auch fünf Jahren Entzug des passiven Wahlrechts sowie 30.000 Euro Geldstrafe verdonnert.

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