Mittwoch, März 29, 2006
taz 29.3.06 Ein Freizeitvergnügen für die Rechtsextremen
Bei den beiden Prozessen in Potsdam traf sich das Who's who der rechten Szene auf den Zuschauerbänken. Selbst nach der Verkündung des Urteils schrecken sie nicht vor Rangeleien mit der Polizei vor dem Gerichtsgebäude zurück
Rot und schwarz gefärbte Haare, Baseball-Caps, dunkle Halstücher, Ohren und Lippe sind gepierct - hätte eine der beiden jungen Frauen in einem kurzen Moment nicht den Angeklagten zu geblinzelt - vom Outfit hätten sie als linke Autonome durchgehen können.
Die beiden Frauen waren nicht die einzigen SympathisantInnen, die an fast allen der insgesamt 28 Prozesstage extra aus Berlin angefahren waren, um den beiden parallel laufenden Prozessen von den Zuschauerbänken aus beizuwohnen. Hätten die Justizangestellten des Potsdamer Landgerichts eine Anwesenheitsliste von der Zuschauertribüne geführt - die Liste hätte sich wie das Who's who der Neonazi-Szene in Berlin-Brandenburg gelesen. Dem seit fast vier Monaten währenden Prozess wegen des brutalen Überfalls von 15 Rechten auf zwei Jugendliche stattete der Gründer der inzwischen verbotenen Berliner Kameradschaft BASO, René Bethage, ebenso einen Besuch ab wie die komplette Führungsriege der rechtsextremen Anti-Antifa aus Potsdam. Die beiden Frauen gehörten zur vor einem Jahr verbotenen Mädelschaft Tor aus Berlin-Lichtenberg. (...) Die regelmäßige Anwesenheit sowohl hochrangiger Berliner als auch Brandenburger Neonazis belegt, wie eng inzwischen die Kontakte Potsdamer Neonazis zur Berliner Kameradschaftsszene sind. Galten sie lange Jahre als zerstritten, intensivierte sich der Kontakt vor allem seit dem Frühjahr 2005. Nachdem die Berliner Innenverwaltung die zwei aktivsten Kameradschaften Tor und die Berliner Alternative Süd-Ost (BASO) verboten hatte, verlagerten sie ihre Aktivitäten in die brandenburgische Landeshauptstadt. Auf Webseiten rief die rechte Szene den "Summer of hate" aus.
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