Donnerstag, März 16, 2006
Jungle World ··· 11/2006 Antifa ··· Teheran, bitte kommen!
Der Prozess gegen den Holocaustleugner Ernst Zündel ist zum zweiten Mal unterbrochen. Die Verteidigung hofft auf die Unterstützung des Iran
Das Deutsche Reich besteht weiter, die BRD ist lediglich die »Organisationsform einer Modalität der Fremdherrschaft«. Das jedenfalls meinen Verteidiger des Holocaustleugners und Hitler-Verehrers Ernst Zündel, der sich wegen Volksverhetzung, Verleumdung und Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener vor dem Landgericht Mannheim verantworten muss. Ihm drohen fünf Jahre Haft. Auch die zweite Runde des Prozesses am Donnerstag voriger Woche endete mit einem Eklat. Nachdem das Gericht der Pflichtverteidigerin Sylvia Stolz im November ihr Mandat entzogen hatte, unterbrach es die Verhandlung am Donnerstag voriger Woche erneut, um nunmehr ihren Ausschluss als Wahlverteidigerin Zündels zu beantragen. Die Argumente, die der Vorsitzende Richter Ulrich Meinerzhagen für den Ausschluss vortrug, waren zahlreich. Sie reichten vom Vorwurf volksverhetzender Äußerungen bis zum dringenden Tatverdacht der versuchten Strafvereitelung. »Rechtsanwältin Stolz droht, das Verfahren zu einer Farce zu machen«, hieß es in der Begründung.
Der selbst ernannte »Revisionist« Zündel, der vor gut einem Jahr von Kanada an Deutschland ausgeliefert wurde, pflegt seit den siebziger Jahren engen Kontakt zu Alt- und Neonazis und hat sich zu einem der aktivsten und aggressivsten Holocaustleugner gemausert. Auf seiner Internetseite »Zundelsite«, in seinen »Germania-Rundbriefen« und in Büchern wie »Sein Kampf für Deutschland« bestreitet er die Existenz von Vernichtungsanlagen in Auschwitz und behauptet, dass die Juden in den Konzentrationslagern mehrheitlich an Krankheiten gestorben seien. Hitler habe »niemals befohlen oder geduldet, dass jemand aufgrund seiner Rasse oder Religion getötet« werde. Der Holocaust sei »förmlich aus dem Nichts durch teuflisch raffinierte Propaganda geschaffen worden«. Zu wessen Nutzen dies alles geschehen sei, ist für ihn klar: zum Nutzen des »teuflischen Weltgangstertums«, das im »Wahngebilde« Israel seinen Zufluchtsort gefunden habe.
Argumentationen solcher Art klingen vertraut, spätestens seit der iranische Präsident Mahmoud Ahmadinejad sich regelmäßig als »Revisionist« versucht und seinen Staat als internationales Zentrum der Holocaustleugnung etablieren zu wollen scheint. Für dieses Frühjahr ist in Teheran eine internationale Konferenz anberaumt mit dem Titel: »Der Holocaust: Mythos oder Realität?« Kürzlich erst kritisierte der iranische Außenminister Manouchehr Mottaki die in Wien verhängte Haftstrafe für den britischen Holocaustleugner David Irving. So verwundert es nicht, dass Zündel bereits Interviewpartner von Radio Teheran war, das in einer Beitragsreihe nahezu das gesamte Who-Is-Who der westlichen »Revisionisten« zu Wort kommen ließ und beharrlich die von Deutschland aus betriebene Vernichtung der europäischen Juden als Ganzes oder zumindest in ihrem Ausmaß in Zweifel zog.
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