Mittwoch, September 21, 2005

Jungle World 38/2005 Antifa - Villa Mussolini

Die Rechtsextremen in Rom machen sich Methoden der Linken zu eigen und besetzen Häuser Die Stadt ist vollgekleistert mit ihren schwarzen Plakaten. Sie werben für ihre »Kulturveranstaltungen«, fordern »soziale Gerechtigkeit« und das Recht auf Wohnen. Sie halten sich für »rote Faschisten«. Und sie besetzen Häuser. Der Ort des Geschehens ist Rom, und zwar nicht nur der Rand, sondern auch das Zentrum der Stadt. Ihr jüngstes Centro Sociale, das »Casa Pound«, besetzten die Rechtsextremen vor anderthalb Jahren im multikulturellen Viertel Esquilino in der Nähe des Hauptbahnhofes Termini. Das Haus, das nach Ezra Pound, dem Dichter und Anhänger Benito Mussolinis, benannt wurde, ist das dritte, das Rechtsextremisten besetzten, nach dem vor kurzem geräumten »Foro 753« und dem »Casa Montag«, bei dessen Namensgebung der Held aus Ray Bradburys Roman »Fahrenheit 451« als Inspirationsquelle herhalten musste. Hinzu kommen die so genannten Case d’Italia (»Häuser Italiens«), in denen nur italienische Familien leben sollen. Das »Casa Pound« ist ein unauffälliges Gebäude zwischen zwei chinesischen Bekleidungsgeschäften, das nur aufgrund der mit schwarzen Plakaten zugeklebten Hauswand, auf der das Angesicht des Duce prangt, als rechte Hausbesetzung zu erkennen ist. Die Wände am Haupteingang sind vollgeschmiert mit Schriftzügen und Namen von Berühmtheiten wie dem faschistischen Philosophen Giovanni Gentile, dem Autor des »kleinen Prinzen«, Antoine de Saint-Exupéry, dem rechtsextremen Vorbild Julius Evola, dem Ideologen des Faschismus der zwanziger Jahre, oder dem deutschen Schriftsteller Ernst Jünger. (...) Ihre Verbindungen zu den rechtsextremen Protagonisten der »Anni di piombo«, der »bleiernen Zeit« des faschistischen Terrorismus der siebziger Jahre, verheimlichen die Hausbesetzer nicht. So zum Beispiel zu Gabriele Adinolfi. Dieser hatte zusammen mit Roberto Fiori, dem derzeitigen Vorsitzenden der rechtsextremen Partei Forza Nuova, im Jahr 1979 die Terza Posizione gegründet, eine rechtsextreme Zeitung, die ein Propaganda- und Rekrutierungsorgan für militante Aktionen darstellte. Ihre Mitglieder standen der Terroristengruppe NAR (»Bewaffnete Revolutionäre Zellen«) nahe. Als einige Mitglieder wegen Waffen- und Bombenbesitzes festgenommen wurden, tauchten Adinolfi und Fiori 1980 für 20 Jahre unter. Als Adinolfi wieder auf der Bildfläche erschien, konnte er völlig unbehelligt Politiker werden.

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