Donnerstag, März 31, 2005
taz 30.3.05 Mit Samthandschuhen gegen den Nazi
Ein aktiver Neonazi studiert fünf Jahre Sozialpädagogik in Frankfurt/Main. Zufällig wird seine Gesinnung publik, als Kommilitonen ihn auf Fotos erkennen. Doch Dozenten und Mitstudenten verharren unschlüssig, werfen sich gegenseitig Blindheit vor. Diskutieren ist leichter als handeln
Sören Brühl ist erst auf den zweiten Blick ein Neonazi. Zwar macht der vierschrötige Südhesse kein Hehl aus seinen Ansichten, etwa dass eine nationale Bewegung hermüsse, die sich auf "ein gewachsenes Volk" stütze. Er ist Mitglied der "Schwarzen Division Germania", einer aggressiv auftretenden Truppe, die sich in der Tradition der SS-Totenkopfdivisionen sieht. Als strammer Parteigänger nimmt Brühl auch regelmäßig an Demonstrationen teil und ruft Parolen wie "Widerstand dem Dönerstand" und "Vietnam den Vietnamesen, aber Deutschland den Deutschen".
Auf den ersten Blick ist der grundsolide Vater zweier Kinder jedoch Student des Fachbereichs "Soziale Arbeit und Gesundheit" der Fachhochschule Frankfurt/Main. Er machte seine Scheine, schrieb seine Diplomarbeit, absolvierte einige Praktikumssemester in der Drogenhilfe und darf demnächst als staatlich abgesegneter Sozialpädagoge in Jugend- und Sozialeinrichtungen arbeiten.
Doch das Examen muss noch warten. Denn Kommilitonen erkannten Brühl auf Zeitungsfotos. Inmitten einer Menge fahnenbewehrter Gesinnungsfreunde stand ihr langjähriger Mitstudent im dunklen Kampf-Shirt mit dem Frakturschriftzug "Schwarze Division".
Die vom Verfassungsschutz beobachtete Gruppierung entstand 2001 in Mainz aus den Reihen des Kreisverbandes der National-Demokratischen Partei Deutschland (NDP) und schloss sich mit "freien Aktivisten" zur "Sektion Taunus" zusammen. Sie ist Teil eines deutsch-österreichischen Netzwerkes und agiert paramilitärisch. In ihrem Internetauftritt gibt die "Schwarze Division" an, als dezentrale Gruppierung zur Einigkeit im "nationalen Widerstand" beitragen zu wollen und diesen durch Disziplin und Gehorsam zu stärken. Also empfiehlt sie sich als Saalschutz bei rechten Musik- und politischen Veranstaltungen und als Ordner bei Demonstrationen.
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