Montag, April 03, 2006
Antifaschistisches Infoblatt - Der Streit ums Erbe
Die Nachfolgestrukturen von Blood & Honour
Am 7. März 2006 durchsuchte die Polizei in sechs Bundesländern insgesamt 119 Wohnungen und Geschäftsräume von 80 Neonazis, die verdächtigt werden, das im September 2000 verbotene Netzwerk der Blood & Honour-Division Deutschland weitergeführt zu haben. Insbesondere wird den Betroffenen die Organisierung »verfassungsfeindlicher Musikveranstaltungen« vorgeworfen. In Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und Rheinland-Pfalz zielten die Razzien unter anderem auf die Aktivisten einer Division 28, die sich als die wahren »Erbfolger« von Blood & Honour sehen. Diesen Anspruch versuchen sie mit rabiaten Methoden durchzusetzen. (...) Bis ins Jahr 1999 stellte Blood & Honour in Deutschland einen festen, klar strukturierten und elitären Zusammenhang, der es ermöglichte, die »besten« (und gewinnträchtigsten) Konzerte auf die Beine zu stellen und einen erheblichen Teil des Marktes insbesondere mit illegalen CDs zu kontrollieren. Doch schon ein Jahr vor dem Verbot setzten, wie man heute rekonstruieren kann, Auflösungserscheinungen ein: Konkurrenz und persönliche Antipathien prägten das Innenleben der Truppe, die sich nach außen hin weiter als verschworene Gemeinschaft präsentierte und unbeirrt an ihrem Mythos strickte.
Während ab 1998 ihre »politischen Köpfe« aus Hildesheim und dem Hamburger Raum (Sektion Nordmark) B&H zur »politischen Kampfgemeinschaft« mit 25-Punkte-Programm und regelmäßigen Aktionsberichten ausbauen wollten, mochten andere Sektionen diesem Plan nicht folgen. Sie verstanden sich eher als subkulturelle Gangs. Ihnen genügte es, ihre abgesteckten Territorien zu kontrollieren und in Ruhe ihre Geschäfte zu betreiben. Zu diesem Zeitpunkt arbeiteten fast alle nur auf eigene Rechnung und standen zum Teil schon mit einem Bein im Rotlicht- und Rockermilieu.
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