Montag, April 03, 2006

[inforiot] 'Heimatforschung' am braunen Rand

In selbst gemachten Germanentrachten und mit Äxten, Schwertern und Schilden ausstaffiert, schaut eine Gruppe junger Männer in die Kamera. Mit solchen martialischen Posen wirbt der Havelländer »Semnonenbund« für sein Anliegen. Der Verein will die Germanenzeit in der Geschichte der Region erforschen und so »Heimatpflege und Heimatkunde« fördern. Geschehen soll dies unter anderem in einem seit mehreren Jahren geplanten Seminar- und Tourismuszentrum namens »Gannahall«, welches in Nauen entstehen soll. Dabei setze man auf weltanschauliche Neutralität: »Der Verein ist politisch neutral«, heißt es in der Satzung. Es scheinen indes Zweifel angebracht, wie ernst es der Verein mit dieser Neutralität nimmt. Nach Informationen des »Antifaschistischen Pressearchivs« (Apabiz) aus Berlin deutet einiges darauf hin, dass die Germanenfans braunem Gedankengut zumindest offen gegenüber stehen. Bei einem Infoabend der PDS-Jugend am Sonnabend in Falkensee trug Apabiz-Referent Toni Peters diese Bedenken vor. Um Finanzen für das »Gannahall«-Zentrum aufzutreiben, organisierte der Semnonenbund bisher dreimal ein Festival unter dem Titel »Rock for Roots«, bei dem vor allem Bands aus der Metal-Szene auftraten. Mit dabei war im vergangenen Jahr die Neofolk-Gruppe »Belborn«, die nach Einschätzung von Toni Peters »zum extrem rechten Rand der Szene gezählt werden kann«. Ebenso trat die Black-Metal-Band »Mordorn« auf, bei der auch ein Mitglied des Semnonenbunds musiziert. »Mordorn« spielte schon im berüchtigten »Club Asgard« in Berlin-Marzahn. In ihrem Song »Raping« verherrlichen sie Vergewaltigungen als »sexual fascination«. Dementsprechend tummelten sich im Publikum nicht nur unpolitische Metalfans, sondern auch reihenweise Neonazis, so Peters. Das rechtsextreme Plattenlabel »Barbarossa Records« sei sogar mit einem Verkaufsstand vertreten gewesen. Damit nicht genug: Auf der Homepage des Vereins findet sich eine Liste von Büchern, die der Semnonenbund seinen Anhängern empfiehlt. Neben Literatur zu Themen wie Heidentum und Esoterik wird auch das Buch »Jahrhundert der Lügen« beworben. »Anhand geprüfter und beglaubigter historischer Dokumente und Fakten stellt der Autor einige historische Begebenheiten in ein neues Licht«, heißt es dazu lobend. Peters dazu: »Der Autor des 1989 erschienenen Buches - das verschweigt der Semnonenbund - ist Hugo Wellems, ein Nazi, der ab 1936 als Referent im Propagandaministerium tätig war und später das extrem rechte >Ostpreußenblatt< leitete.

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