Donnerstag, August 12, 2004
Die Zeit - Sind sie das Volk?
Trotz aller Aufbruchsstimmung blieb nach der Magdeburger Montagsdemonstration Ratlosigkeit zurück. Und ein diffuses Unbehagen
Die Massen strömen, und die Organisatoren der Magdeburger Montagsdemonstration müssten eigentlich rundum glücklich sein. Doch bei aller Begeisterung merkt man ihnen gemischte Gefühle an. Bevor sich der Demonstrationszug mit über 10.000 Teilnehmern in Marsch setzt, hält ein Aktivist noch schnell eine kurze Ansprache, in der er klar stellt, dies sei ein überparteilicher, spontaner Bürgerprotest von Betroffenen; die Demo richte sich gegen Hartz IV, nicht aber gegen eine bestimmte Regierung. Ein zweiter betont, Rechtsradikale hätten in dieser Bewegung nichts verloren. Dass sich ein Fahnenschwenker der Sekte „Marxistisch-Leninistischen Partei Deutschlands“ in die erste Reihe geschmuggelt hat, nimmt freilich keiner übel – obwohl diese an ihrem Stand bis eben noch ihre Agitationsbroschüren im Geiste von Marx, Lenin, und Stalin verkauft hat. (...)
Doch der lange Demozug bleibt auch diesmal friedlich, und er wirkt nicht einmal besonders aggressiv, bewirkt vielleicht auch durch die drückende Hitze. Eine Gruppe von 50 bis 60 NPD-Anhängern – in Markenklamotten, der neuen Camouflage der Rechtsradikalen – wird abgedrängt und von der Polizei vom Demonstrationszug isoliert. Die Neonazis stehen stumm da, lassen die Demo an sich vorbei defilieren, als warteten sie geduldig darauf, dass der Volkszorn irgendwann auf ihre Mühlen fließen werde.
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