Freitag, August 20, 2004
Wallfahrt nach Wunsiedel
Mit Protestaktionen wehrt sich Wunsiedel gegen den Neonazi-Aufmarsch zum Gedenken an Rudolf Heß. 3000 Extremisten wollen am Wochenende durch die fränkische Stadt ziehen, in der Hitlers Stellvertreter begraben liegt.
Wenige Tage vor dem so genannten Heß-Gedenkmarsch ist im oberfränkischen Wunsiedel die Anspannung zum Greifen spürbar. "Gerade sind Jugendliche wieder von Rechtsextremen angemacht worden", empört sich Andrea Heußner, die den Protest gegen die "Jahreshauptversammlung der europäischen Rechten" mit organisiert. Am Samstag werden voraussichtlich gut 3.000 Extremisten durch die Kleinstadt ziehen: Wunsiedel ist für Neonazis zum Wallfahrtsort geworden, da hier der Hitler-Stellvertreter Rudolf Heß begraben liegt. Heß hatte sich am 17. August 1987 in seinem Gefängnis in Berlin-Spandau erhängt.
Aufmärsche seit 2001
Obwohl sich stets ein breites Bündnis aus Bürgern, Politik, Kirche bis zu linken Antifa-Gruppen gegen den so genannten Neonazi-Aufmarsch gewehrt hat, ist es in den letzten Jahren nicht mehr gelungen, die rechtsextreme Demonstration zu verhindern: Bis 2001 war der Marsch über neun Jahre hinweg untersagt worden. Eine Reihe von Urteilen des Bundesverfassungsgerichts, in denen Demonstrationsverbote aufgehoben wurden, hatte den rechten Anwalt Jürgen Rieger jedoch ermutigt, wieder Heß-Gedenkmärsche anzumelden. Das Landratsamt Wunsiedel hatte auch dieses Jahr versucht, ein Verbot der Kundgebung durchzusetzen, war damit aber vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof gescheitert. Ein Versammlungsverbot sei nur zulässig, wenn konkrete Hinweise für zu erwartende strafbare Äußerungen vorlägen, hieß es. Anzeichen dafür konnten die Richter jedoch nicht erkennen.
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