Montag, August 16, 2004
ND- Nazis machen keine Ferien
Ein rechtsradikaler Übergriff auf der Ferieninsel Usedom wird von der Lokalpresse totgeschwiegen und von der Polizei verharmlost.
»Nie wieder fahre ich nach Usedom!« Noch heute, zwei Wochen später, leidet Robert an den Folgen eines Nazi-Überfalls. Mit einem Schädel-Hirn-Trauma, Rippen- und Rückenprellungen und einer Gehirnerschütterung kam der Berliner aus dem Urlauber-Paradies zurück und musste erst einmal mehrere Tage im Krankenhaus behandelt werden. Eine Gruppe »anscheinend Einheimischer« hatte ihn und seine Freunde angriffen, drei Menschen wurden verletzt.
Die Angreifer bezeichneten sich selbst als »Nationalsozialisten«, beschimpften die Gruppe, dann gingen sie auf die Berliner Jugendlichen los. Die herbeigerufene Polizei zeigte sich nicht besonders hilfsbereit und nahm lediglich die Personalien einer Person auf.
Vor den Augen der Ordnungshüter entriss einer der Angreifer den verdutzten Berlinern einen CD-Player und stürmte damit davon. Keiner der daneben stehenden Polizisten machte Anstalten hinterherzurennen, so Robert, der, nach Absprache mit seinem Anwalt, nun eine Dienstaufsichtsbeschwerde erwägt. »Wir mussten die Polizisten dreimal bitten, uns nicht mit den Angreifern allein zu lassen«, erinnert er sich. Die Polizei sieht keine Hinweise auf einen rechtsradikalen Hintergrund, verlautete indes aus der zuständigen Direktion in Anklam.
Die Anzahl von Übergriffen mit rechtsradikalem Hintergrund liegt in Mecklenburg-Vorpommern auf »unverändert hohem Niveau«, konstatiert Kay Bolick vom Neubrandenburger »Lobbi«-Büro. Der Verein betreut Menschen, die von rechter Gewalt betroffen sind. 67 rechte Übergriffe zählte »Lobbi« allein im vergangenen Jahr in Mecklenburg-Vorpommern, bei 49 von ihnen floss Blut. Die Dunkelziffer sei noch höher, schätzt Bolick, denn viele Opfer scheuten den Gang an die Öffentlichkeit. »Auch von diesem Übergriff haben wir nur erfahren, weil die Betroffenen zu uns gekommen sind.«
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