Dienstag, April 19, 2005
taz 19.4.05 Fußball für die Pimpfe
Neonazis modernisieren ihre Nachwuchsarbeit und locken die Jugendlichen mit harmlosen Freizeitangeboten an (...) "Die Kameradschaft ist keine Strukturbedingung für die Jugendarbeit der Rechtsextremen", sagt Wolfram Hülsemann, Leiter des Mobilen Beratungsteams in Brandenburg. Die Rechtsextremisten setzten vielmehr auf andere Wege, um in unterschiedliche "Alltagskulturen" der Jugendlichen einzudringen. Seit geraumer Zeit beobachten Mitarbeiter des Mobilen Beratungsteams, dass Neonazis mit "niedrigschwelligen" Freizeitangeboten - Sport, Ausflüge, Lagerfeuerabende - gelangweilte Teenager ködern. Mancherorts hätten Rechtsextreme sogar versucht, die Jugendfeuerwehr zu unterwandern. "Die haben in der Nachwuchsarbeit ganz schön dazugelernt", urteilt auch Michael Kohlstruck, Extremismusforscher von der TU Berlin. Das Ziel sei, möglichst "sanft" an die "Bedarfslagen" junger Leute anzudocken: "Die Einladung zum Schulungsabend ist in der Regel erst der zweite Schritt."
Ein Blick in einschlägige Internetforen lässt befürchten, dass solche Propagandarunden militanter Neonazis im Havelland bald wieder stattfinden dürften - ungeachtet des jüngsten Kameradschaftsverbots. Denn kleinlaut wirken die Kommentare nicht, im Gegenteil - mancher Kamerad gewinnt dem staatlichen Durchgreifen sogar Positives ab: Es sei ohnehin Zeit, sich von der "Vereinsmeierei" zu verabschieden, urteilt ein Aktiver. Ein anderer hofft, dass sich die "nationale Szene" nun endlich organisatorisch "modernisiere". Das Ziel: noch losere Strukturen bilden, auf bedruckte T-Shirts, Wimpel oder förmliche Mitgliederversammlungen verzichten. Die Kameradschaft "Weserbergland" hat diesen Kurs offenbar bereits eingeschlagen - zumindest behauptet sie dies in einer im Internet verbreiteten Auflösungserklärung: Um einer Verbotsaktion vorzubeugen, trete die frühere Kameradschaft jetzt nur noch als "Informations- und Kommunikationsplattform" ohne feste Mitgliedschaften und eigene Finanzen in Erscheinung
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