Montag, April 25, 2005

taz 23.4.05 Polizeivize bereut Hetzrede

Mit einer islamophoben Rede begeisterte Kölns stellvertretender Polizeichef die Rechtsextremen. Nun bittet er um Vergebung, weil angeblich alles nicht so gemeint war Mit einem offenen Brief hat Kölns Vizepolizeichef Dieter Klinger gestern auf Vorwürfe reagiert, er schüre "Islamophobie". Er sei "sehr betroffen" und "bedaure zutiefst, dass meine Aussagen ausländerfeindlich interpretiert wurden", so der Leitende Polizeidirektor. Die Kölner SPD-Bundestagsabgeordnete Lale Akgün hatte Klinger aufgefordert, "sich bei allen Kölnerinnen und Kölnern muslimischen Glaubens für seine Äußerungen öffentlich zu entschuldigen". In die Kritik geraten war Klinger wegen eines erst jetzt bekannt gewordenen Auftritts beim Osterempfang der christlichen Kirchen am 9. April im ostfriesischen Emden. Klinger gehört der baptistischen Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Derschlag bei Gummersbach an. Er war als Festredner geladen, um über "Chancen und Bedingungen für ein Miteinander der Kulturen" zu sprechen. Doch Zeugen berichteten, dass Klinger nicht über Chancen referierte, sondern vor dem Untergang des christlichen Abendlandes warnte: "Was soll ein Christ einem in seinem Glauben stark verwurzelten Moslem entgegenhalten?" In seinem rund halbstündigen Referat zeichnete der Spitzenbeamte das Bild einer islamischen "Parallelgesellschaft", die sich immer weiter ausbreite. Demnächst drohe sogar die Machtübernahme: "2035 bis 2050 sind die Muslime in Deutschland zahlenmäßig in der Mehrheit und könnten durch eine einfache Wahl die Regierung stellen." Ferner sprach er von 5.000 in der Bundesrepublik lebenden gewaltbereiten Islamisten und von weiteren 50.000 Muslimen, die "latent gewaltbereit" seien. Täglich würde Nachwuchs in Moscheen und in Hinterzimmern muslimischer Cafés angeworben. Als Abwehrmaßnahme forderte Klinger, das Christentum müsse wieder verstärkt den "missionarischen Aspekt" in den Vordergrund rücken. Gerade in den Schulen müssten wieder "christliche Werte" vermittelt werden.

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