Dienstag, November 22, 2005
junge welt vom 22.11.2005 - Folterhaft an schwarzen Orten
Das System der weltweiten US-Geheimgefängnisse: Nach den Enthüllungen über die Mißhandlungen in Abu Ghraib und Guantánamo schaffen sich CIA und die Regierung der Vereinigten Staaten neue rechtsfreie Räume
Seit die US-Regierung nach dem 11. September 2001 den »Krieg gegen den Terror« ausrief, haben nach offiziellen amerikanischen Angaben rund 84000 Menschen Bekanntschaft mit unterschiedlichen Haftanstalten unter US-Kontrolle gemacht. Viele nur für einige Tage, manche für mehrere Monate, einige für Jahre. Zu über 95 Prozent handelt es sich um Iraker und Afghanen. Die aktuelle Zahl der Häftlinge wird offiziell mit 14500 angegeben, davon 13800 im Irak und etwa 500 im Lager Guantánamo auf Kuba (Guardian, 18.11.2005).
Allen Gefangenen der US-Kriegsmaschinerie gemeinsam war und ist absolute Rechtlosigkeit. Sie erfahren keine Gründe für ihre Festnahme, sie haben keinerlei Rechtsbeistand und keine Möglichkeit, ihre Haft vor irgendeiner Instanz anzufechten. Zumeist werden ihre Verwandten über ihren Verbleib völlig im unklaren gelassen. Wer freigelassen wird, liegt völlig in der Willkür der zuständigen US-Militärs und -Beamten – und des Geheimdienstes CIA, der die meisten Haftanstalten kontrolliert.
Zu den offiziellen Gefangenen hat immerhin noch das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) Zugang, wenn auch sehr eingeschränkt. Anders verhält es sich mit den sogenannten Ghost detainees, Geistergefangenen, die gar nicht erst registriert werden und von deren Existenz nicht einmal das IKRK erfährt. Bei den Enthüllungen über die barbarischen Zustände im irakischen Gefängnis Abu Ghraib wurde auch bekannt, daß es dort einen eigenen Trakt für Ghost detainees gab. Auch in Guantánamo gab es einen abgetrennten Sektor für nicht registrierte Gefangene, und ebenso in der inzwischen angeblich weitgehend aufgelösten Haftanstalt auf dem US-Luftwaffenstützpunkt Bagram in Afghanistan. Angesichts der zunehmenden Enthüllungen und des internationalen Drucks geht der Trend aber offenbar dahin, die geheimen Sondertrakte innerhalb der bekannten offiziellen Gefängnisse und Lager aufzugeben und die Ghost detainees an unbekannten Orten separat gefangenzuhalten
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