Mittwoch, November 23, 2005
Jungle World ··· 47/2005 Antifa ··· Preußisch Blau
Sie sind dreizehn Jahre alt und finden Hitler gut. Prussian Blue aus den USA sind die erste Teenieband für Neonazis
Diese vier Minuten wollen einfach nicht vergehen. Die Geige, ein Instrument, das sich in ungeübten Händen zu einem Werkzeug des Schreckens verwandelt, versucht eine Melodie über unsicher gezupfte Gitarrenakkorde zu fiedeln. Die zwei dünnen Stimmchen schaffen es, die richtigen Töne konsequent zu verfehlen. Doch das wirklich Schreckliche ist nicht die musikalische Form, sondern der Inhalt.
»Die Zeiten sind hart für einen stolzen weißen Mann. Bald wird ein großer Krieg kommen, ein blutiger, aber heiliger Tag. Eine mächtige Rasse gilt es zu verteidigen.« Das singen nicht etwa stiernackige Boneheads. Die Band Prussian Blue gibt die Zeilen in dem Song »Victory Day« zum Besten. »Prussian Blue«, das sind die Zwillinge Lynx und Lamb Gaede aus der kalifornischen Stadt Bakersfield. Sie sind dreizehn Jahre alt. Harmlos sehen sie aus. Auf den meisten Fotos tragen sie labberige Kapuzenpullis, Jeans und Turnschuhe. Die blonden Mädchen grinsen in die Kamera, ihre Zahnspangen glitzern. Lynx und Lamb wären die typischen All-American Girls, trügen sie nicht auf manchen Fotos T-Shirts mit Hitler-Smileys.
Im Video zu »Victory Day« hüpfen die beiden in Dirndln über saftige, grüne Wiesen oder schauen ernst bis betreten in die Kamera, wenn sie über das schlimme Schicksal des weißen Mannes singen. Man möchte die Echtheit des Videos bezweifeln, so absurd scheint die Szenerie.
Doch Prussian Blue sind echt. Sie haben ihre Band so genannt, weil sie angeblich von deutschen Einwanderern abstammen und weil sie blaue Augen haben. Und sie bieten noch eine andere Erklärung ihres Namens: »Es gibt die Diskussion über das Fehlen der Farbe ›Preußisch Blau‹, die als Rückstand von Zyklon B übrig bleibt, an den Wänden der so genannten Gaskammern in den Konzentrationslagern.«
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