Dienstag, November 22, 2005
Rechte Netzwerke
Nazis an der Uni - ein allgemeinpolitisches Problem
Die ausländerfeindlichen Pogrome von Mölln, Rostock und Solingen sind schon fast in Vergessenheit geraten. Die organisierte Rechte, die bei den Kommunalwahlen 1994 keinen großen Erfolg erzielen konnte, rückt aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit.
Das ist ein fataler Fehler, der den meisten Menschen auch nicht durch eklatante Vorfälle wie in München anläßlich der Wehrmachtsausstellung oder die von Bundeswehrsoldaten praktizierte Menschenjagd auf offener Straße in Detmold nachhaltig ins Bewußtsein rückt. Gerade hier und jetzt gilt es, die Aufmerksamkeit auf die rechten Potentiale zu lenken, weil ihre Reorganisation voranschreitet. In Köln gelangte zuletzt 1994 die Deutsche Liga für Volk und Heimat, eine rechte Abspaltung der Republikaner, in den Stadtrat. 1997 sitzen zwei Republikaner im Marburger Studierendenparlament. Unter den Studierenden sind rechte Potentiale nicht so gering wie oft allgemein vermutet.
Republikaner im Marburger Studierendenparlament
In Marburg kandidierten Eike Erdel und Daniel David Schäfer, zwei Mitglieder der Burschenschaften Rheinfranken und Normannia-Leipzig, bei der Wahl zum Studierendenparlament und konnten gewinnen, nachdem der RCDS die rechtzeitige Einreichung der Wahlunterlagen versäumt hatte. Ihr Programm besteht in der Forderung nach Auflösung aller AStA-Referate – vor allem des Antifa-, Internationalismus- und Schwulen/Lesben-Referats – und in der Aussage "Weg mit dem roten AStA!" Die Wahlbeteiligung schnellte hoch auf 28 Prozent.
Eike Erdel, Leutnant der Reserve, profilierte sich im Marburger Kreistag durch Anfragen zum angeblichen Mißbrauch von Sozialleistungen durch Asylbewerber und die Forderung nach Familienzusammenführung von Asylbewerberfamilien "in ihren Heimatländern". Daniel David Schäfer war schon mit 18 Jahren "wegen der Überfremdung" den Republikanern beigetreten. Ihr Einzug ins Studierendenparlament hat zwar die Mehrheit der bunt-linksorientierten Listen in Marburg nicht gefährdet. Das Klima aber hat sich geändert: Nach diversen Hetzkampagnen wird der schwule AStA-Vorsitzende Stefan Mielchen nachts von dunklen Gestalten schon einmal angerempelt – "glücklicherweise ist aber bisher weiter nichts passiert", so der Vorsitzende. Die studentischen Aktivitäten der Rechten sind aber nur die Spitze des Eisbergs. Ein genauer Blick muß den allgemeinpolitischen Tätigkeiten der organisierten Rechten gelten.
Rechte Netzwerke im Rheinland – Das "Forum Bündnis Deutschland"
Die strategische Neuordnung der Rechten im Rheinland, die angesichts der Vielzahl der zerstrittenen Gruppen nicht einfach ist, wurde im Oktober 1995 mit der "Pulheimer Erklärung" eingeleitet. In der Broschüre "Forum Bündnis Deutschland 1/1996" wird nicht nur von Mitgliedern der Deutschen Liga (DL), der Republikaner (REP), der Deutschen Volksunion (DVU) oder der Nationaldemokratischen Partei Deutschlands (NDP) zur Einigung der deutschen Rechten aufgerufen, sondern auch von SPD- und CDU-Vertretern. Seit Ende 1995 treffen sich diverse rechtsextreme Funktionäre regelmäßig in Köln zu "Runden Tischen NRW/Bündnis Deutschland". Franz Schönhuber, abgehalfteter Republikaner-Gründer, ist dabei gerngesehener Referent. Doch glücklicherweise scheint dieser Einigungsversuch der Rechten mittlerweile wieder im Sande zu verlaufen.
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