Mittwoch, November 30, 2005
taz 30.11.05 Der rechte Dresscode im Zentrum der Stadt
Im "Berlin-Carré" am Alex hat ein Laden der Firma Mediatex eröffnet: Er verkauft Thor-Steinar-Klamotten, die vor allem bei Neonazis beliebt sind
Auf den ersten Blick könnte man meinen: Da fährt jemand ja voll auf den Norwegentrip ab. Wohin man schaut in dem Kleidungsgeschäft: Überall sieht man Klamotten mit der Flagge Norwegens drauf. Erst bei genauerem Hinsehen wird klar, dass es sich keineswegs um die flauschigen, traditionellen Wollpullis handelt, sondern um die neue Kollektion der vor allem von Neonazis getragenen Modemarke Thor Steinar.
Seit dem 17. September residiert im "Berlin Carré" in der Karl-Liebknecht-Straße nahe dem Alexanderplatz ein Ableger der Firma Mediatex, günstig platziert direkt im boomenden Teil von Mitte. Und anders als andere Neonazi-Geschäfte, die sich meist in abgelegenen Nebenstraßen von Ostberliner Armutskiezen befinden, wirkt der Laden mit dem Namen "Tönsberg" auch auf die vielen hier flanierenden Touristen nicht abschreckend.
Auch die Mitarbeiter der umliegenden Geschäfte haben sich an die Nachbarn scheinbar gewöhnt: "Ist doch ein schicker Laden", sagt die Angestellte einer Bäckerei. Der Laden sei noch nicht negativ aufgefallen, berichtet der Zeitschriftenhändler gegenüber. Auch eine Zunahme von Skinheads oder anderen erkennbaren Neonazis habe er bisher nicht wahrgenommen. Dabei ist es gerade zwei Wochen her, dass mehrere Dutzend Einsatzkräfte der Polizei das "Berlin Carré" abriegeln mussten: Antifas hatten dazu aufgerufen, gegen den Laden zu protestieren.
Im Rahmen einer Kampagne gegen Neonazi-Läden in Berlin und Brandenburg versuchen linke Gruppen seit Monaten auf die Gefahr von neuen Modetrends in der rechten Szene aufmerksam zu machen (www.we-will-rock-you.tk). Immer häufiger werde der Kleidungsstil vor allem bei Jugendlichen zum Einfallstor der rechten Szene, begründen die InitiatorInnen ihre Kampagne. Thor Steinar bilde dabei die Speerspitze
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