Freitag, Mai 21, 2004

Jungle World ··· 22/2004 Antifa ··· Jäger und Sammler

Der Bielefelder Staatsschutz bemüht sich um die Fingerabdrücke und Fotos von 28 Antifaaktivisten aus der Region. Neonazis interessieren sich auch dafür. Nicht immer fällt einem das Lächeln leicht. In Ostwestfalen erhielten im März 28 Personen aus der Antifa-Szene Vorladungen zum Foto-Shooting. Der Staatsschutz ermittelt dort nach Anzeigen von Neonazis gegen Linke. Der Anwalt Werner Robbers findet das »unangemessen« und legte für einige der Betroffenen Widerspruch gegen die Behandlung ein. Jetzt muss die Bezirksregierung in Detmold über die Zulässigkeit entscheiden. »Ein Aspekt der erkennungsdienstlichen Behandlung ist die Abschreckung«, erklärt der Leiter des Bielefelder Staatsschutzes, Dirk Butenuth, seinen Wunsch nach Fotos und Fingerabdrücken von ostwestfälischen Antifas. »Wir gehen davon aus, dass sich, wenn jemand wegen solcher Taten bekannt ist, die dann nicht wiederholen«, beschreibt er die Logik seiner Behörde. Die Taten, die die Vorladung zur erkennungsdienstlichen Behandlung nach sich zogen, wurden im vergangenen Oktober begangen. Damals blockierten etwa vierzig Antifas friedlich den Parkplatz des Collegium Humanum in Vlotho. Rechtsextreme erstatteten Anzeigen wegen Nötigung, der Staatsschutz ermittelt zudem wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz. »Weil die Demonstration nicht angemeldet war, sahen sich zwei Streifenwagen über dreißig Demonstranten gegenüber. Sie waren in diesem Fall nicht in der Lage, die Zufahrt zu gewährleisten«, klagt Butenuth. Wäre der Protest angemeldet gewesen, hätte man seiner Meinung nach eventuell auch eine symbolische Blockade durchführen können. »So eine Minute oder vielleicht auch fünf«, schwebt dem Staatsschützer vor. Die Antifaaktivisten blockierten aber lieber drei Stunden lang die Zufahrt zu einem Seminar von Horst Mahler. Er ist häufiger in der rechtsextremen Bildungsstätte zu Gast, die 1963 von dem Nazi Werner Georg Haverbeck gegründet wurde. Haverbeck war bereits 1929 Mitglied der Reichsleitung der Studentenschaft der NSDAP, 1933 ernannte ihn Rudolf Hess zum Leiter der »Reichsmittelstelle für Volkstumsarbeit«. Seit den achtziger Jahren ist das Collegium Humanum Treffpunkt für Rechtsextreme. Sowohl so genannte intellektuelle Rechte, wie Mahler und andere Revisionisten, als auch Angehörige der so genannten freien Kameradschaften veranstalten in dem Gebäude Seminare und Schulungen. Rechtsrockkonzerte mit Bands wie Sleipnir runden das Angebot für den gemeinen Alt- oder Neonazi ab.

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